O3 Alle reden vom Rave! Wir nicht!

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Die Geschichte aller bisherigen Juso-Partys ist die Geschichte von Kämpfen um die passende Musik zur passenden Zeit. Wir setzen uns für weniger elektronische Musik auf Juso-Partys und die Schaffung einer „NRW-Jusos“-CD für den Juso-Bundesverband ein. Außerdem sollte die Musikauswahl auf allen mehrtägigen Juso Veranstaltungen unseren demokratischen Maßstäben genügen.

Techno ist Ausdruck dessen, was Musik nach Adorno in der verwalteten Welt widerfährt: Unter  „Bedingungen planender, organisierender Erfassung“ wird ihr die „künstlerischen Freiheit und Spontanität“ entzogen. Längst sind DJ* Sklaven immer gleicher populärer Beats. Abgeschottet hinter  dem DJ*-Pult ist eine Interaktion mit den Hörer*innen dabei minimal. Er*Sie ist also nichts anderes als Vorarbeiter*in einer Musikindustrie, welche auf den populären Sound aufbaut. Das musikalische Endprodukt hat sich dabei längst von den Künstler*innen entfremdet, weil der künstlerische Mehrwert auf Wiederholung immer gleicher Langeweile basiert. Wo Musik derartig zur Ware wird und sich der künstlerische Mehrwert nur in monetären Maßstäben berechnet werden kann, lässt die Analyse nur einen Schluss zu: Die sogenannte Technomusik ist Ausdruck eines „Kapitalismus pur“ in der Musikindustrie.

Deshalb eignet sich diese Musik auch nicht als Ausdruck des Protestes, weil ihr wahrer Charakter so sehr mit der Unterhaltung und dem Konsum verbunden ist, dass Versuche der Musik eine andere –eine politische – Funktion zu geben, eine Fassade bleiben. Wir stellen zwar fest, dass Aktivist*innen wie Hedonist International den Versuch unternehmen, politische Inhalte über die Partyszene zu verbreiten und wir halten auch fest, dass die Techno-Bewegung gerade in den Anfängen durchaus als Protestbewegung verstanden werden kann. Allerdings müssen wir auch festhalten, dass der Versuch eine Gegenkultur zu entwickeln vage bleibt, wenn sie nicht im Kern antikapitalistisch ist. Gerade die Hip-Hop-Kultur oder auch die Punk-Bewegung sind gute Beispiele dafür, dass Musikrichtungen auch antikapitalistisch organisiert sein können. Und wenn auf einem Rave das Motto ausgegeben wird, dass Menschenfeindlichkeit nicht zu ertragen sei, dann stellen wir fest, dass dieser Rave nicht zu ertragen ist. Weil dadurch, dass er das Entsetzliche auch noch konsumierbar gemacht wird, schlicht aus der eigentlichen Botschaft auch noch einmal neue Konsumqualitäten herauspresst. Auf einem Rave ist es jedenfalls noch nicht zu einer sachgerechten Analyse des kapitalistischen Systems und einer daraus folgenden Kritik an den bestehenden Verhältnissen gekommen, auf einem Helene Fischer Konzert aber ehrlicherweise auch noch nicht. Party-Hedonismus ist eben auch nur „Opium des Volkes“, aber keine wirksame Politisierungsstrategie.

Andererseits ist Kunst natürlich immer nur Ausdruck dessen was ist. Der Beat ist Hammerschlag einer geknechteten Arbeitnehmer*innenschaft. Endlos. Ohne Pause, in einem System, was den Mensch zur Maschine macht. Drastisch ausgedrückt bedeutet das: Wer die Arbeiter*innenschaft befreien will, muss sie zunächst vom „Boom“ befreien. Denn im Techno spiegelt sich alles wider, was Sozialist*innen politisch bekämpfen: Einfache musikalische Antworten auf komplexe Fragen. Techno als Ausbruch aus dem Alltag statt politischem Klassenkampf. Das hat auch damit zu tun, weil in einer Musikrichtung ohne Text auch keine Verbalisierung einer neuen Welt stattfinden kann. Die Entsolidarisierung auf der Tanzfläche, wo jede*r für sich tanzt, spiegelt dabei zwar die logische Konsequenz einer im Grunde genommen Ich-bezogenen Musik wider, aber es stellt für uns keine tanzbares Abbildung des Sozialismus dar. Soll der „Boom“ wirklich die Antwort auf unsere musikalischen Fragen sein? Nein. Wer die herrschenden Verhältnisse kritisiert, darf beim Techno nicht schweigen. Die politischen Verhältnisse müssen auch auf dem Dancefloor zum Tanzen gebracht werden. Es gibt schließlich keinen richtigen Beat im Falschen.

So ist es auch nicht die Musik der Menschen, die ihr Sein auf der Tanzfläche, sondern umgekehrt das gesellige Sein auf der Tanzfläche, das ihre Musik bestimmt. Gleichzeitig erkennen wir an, dass Vielfalt sowohl die Stärke unserer Gesellschaft als auch unserer Musik ist. Aus dieser Vielfalt kann Gemeinschaft wachsen und so alle Beteiligten stärken.

Doppelte Haltelinie schützt vor musikalischer Armut

Darüber hinaus wissen wir um die zunehmende musikalische Armut mit steigendem Alter des Abends. Einzelne punktuelle Korrekturen wie Liedwünsche können häufig nicht mehr retten, was nicht mehr zu retten ist.

Abhilfe schaffen kann dort eine doppelte Haltelinie. Erstens: Blacklisting bestimmter Künstler*innen. Zweitens:  Grundsätzlicher Anspruch auf Respektmusik („Africa“ von Toto) für jeden ohne vorherige entwürdigende Prüfung, inwieweit der Abend dieser bedarf.

Die Tänzer*innen haben nichts zu verlieren, außer ihren Rhythmus. Deswegen fordern wir: Tänzer*innen aller Länder, vereinigt euch!

Text des Beschlusses:

„Africa“ von Toto

Beschluss-PDF:

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