D1 Demokratieförderungsgesetz jetzt!

Status:
Mit Änderungen angenommen

Im Juni 2019 wurden tödliche Schüsse auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke abgefeuert. Bei einem antisemitischen Anschlag auf eine Synagoge und einen Dönerimbiss in Halle im Oktober 2019 wurden zwei Menschen ermordet. 2020 wurde die „Gruppe S“ unter Anderem in Minden-Lübbecke daran gehindert deutschlandweite Anschläge zu verüben und nur wenige Tage später erschoss ein Anhänger rassistischer Verschwörungsideologien in Hanau zehn Menschen, weitere erlitten Verletzungen. Die radikale Rechte ist aktiv und sie ist gefährlich. Bereits 2018 hat sich die Große Koalition deshalb auf ein Demokratieförderungsgesetz geeinigt.

Damit sollten endlich ein rechtlicher Rahmen für die sehr wertvolle Arbeit vieler Initiativen in der Demokratiearbeit geschaffen werden. Neben einer Vervierfachung des Budgets bis 2023 auf dann rund 200 Millionen Euro, sollte auch die institutionelle Antragsstellung und dauerhafte Förderung von Initiativen ermöglicht werden. Doch seit drei Jahren blockiert das Innenministerium das Gesetzespaket. Wir finden: Es wird Zeit!

Die Förderung zivilgesellschaftlicher Arbeit zur Demokratiestärkung, gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Muslimfeindlichkeit, Homo- und Transfeindlichkeit, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ist eine staatliche Daueraufgabe. Die Krise des Asylrechts und die Corona-Pandemie haben als Katalysator für einen Riss in der Gesellschaft gesorgt. Die gesellschaftliche Lastenverteilung aus diesen staatlichen Stresssituationen zu Ungunsten der Schwächeren, machte es leicht für die radikale Rechte gesellschaftliche Gruppen gegeneinander auszuspielen. Das gelingt ihnen besonders dort, wo andere Großinstitutionen wie Gewerkschaften, demokratische Parteien oder Kirchen an Bindung verlieren. Dabei zeigen antifaschistische Bürger:innenprojekte und Vernetzungsarbeit seit Jahren, dass ein entschiedenes Entgegentreten, das beste Mittel gegen Menschenfeindlichkeit ist. Leider sind viele dieser wichtigen Demokratieprojekte seit Jahren unterfinanziert oder haben keine dauerhafte Perspektive.

Deshalb braucht es einen Ausbau des Programms „Demokratie leben!“ in ein sogenanntes Demokratieförderungsgesetz, damit bewährte Strukturen und Partnerschaften lokaler Demokratieinitiativen auch ohne den Druck zeitlich begrenzter Projektarbeit ihre Ideen verwirklichen können. Begegnungsarbeit braucht Zeit und eine zweijährige Förderung schafft zwar den Aufbau von Strukturen, aber dann läuft zumeist ihre Förderung aus. Es kann nicht sinnvoll sein, dass kleine Initiativen auf jährliche Fördersummen hoffen, indem sie ihre bewährten Strukturen als ständig wechselnde Ideen verkaufen. So geht ehrenamtliches Engagement für Antragsstellung verloren.

Die demokratischen Werte eines Demokratieförderungsgesetzes müssen durch einen Konsens der demokratischen Parteien gestützt werden, damit Initiativen und lokaler Akteur:innen nicht zum Spielball wechselnder Mehrheitsverhältnisse werden. Die Bundesregierung muss eine Konzeption vorzulegen, um die Finanzierung von Strukturprojekten der Demokratieförderung von den bisher zeitlich begrenzten Programmlaufzeiten zu entkoppeln und auch ihre institutionelle Unterstützung zu ermöglichen. Bisher müssen Initiativen wie die Amadeu-Antonio Stiftung oder Aktion Sühnezeichen alle vier Jahre neue Konzepte einreichen, um eine Bundesförderung zu erhalten. Dabei ist allen Beteiligten klar, dass die Förderung dauerhaft bewährte Projekte stützt.

Statt neuer Hürden sollte bei der Schaffung eines Demokratieförderungsgesetzes darauf geachtet werden bürokratiearme Antragsstellung zu ermöglichen. Es braucht keine mehrfache Gesinnungsprüfung und Bekenntnisse zur FDG, wenn bereits die Projekte und Initiativen demokratiefördernd sind. Statt das ehrenamtliche Engagement von Bürger:innen unter Generalverdacht zu stellen, sollten Projekte zum Mitmachen ermutigen. Voraussetzung dafür sind nachvollziehbare Vorgaben für Qualitätskontrolle, Wirkungsevaluation und finanzielle Rechenschaft durch die Gesetzgebung. Aber auch das darf nicht dazu führen, dass lokale Initiativen statt durch bürokratische Antrags- und Abrechnungsarbeit in ihrer eigentlichen Aufgabe gehindert werden.

Eine wichtige Säule des Demokratieförderungsgesetzes ist der präventive Ansatz. Deshalb muss ein solches Gesetz einen bildungspolitischen Schwerpunkt haben. Das Programm „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ bietet hier schon einen guten Türöffner für die Arbeit. Dieses Netzwerk muss ausgebaut werden. Gerade junge Menschen müssen sich in ihrer politischen Entwicklung aktiv mit demokratischen Werten beschäftigen. Deshalb braucht es verstärkt einen Dialog zwischen geförderten Initiativen, rassistisch Betroffenen und Schüler:innen.

Doch Demokratieförderung muss auch online gedacht werden. Gemeinsam mit den Ländern muss der Bund attraktive und altersgerechte Medienbildungsangebote und unabhängige Beratungsangebote für alle Menschen auflegen, ausbauen und vernetzen, die eine demokratische Diskussionskultur im Netz fördern. Gleichzeitig muss der Staat sicherstellen, dass Initiativen vor verbalen Hassattacken oder gar tätlichen Angriffen sowie politischer Kriminalisierung geschützt sind.

Das demokratische Miteinander in den Herzen und Köpfen aller ist das Rückgrat einer wehrhaften Demokratie. Diese bestmöglich gegen demokratiefeindliche Bewegungen und Ansichten zu verteidigen ist auch Aufgabe des Bundes.

Änderungsanträge
Status Kürzel Zeile AntragstellerInnen Text PDF
Angenommen Ä2 zum D1 16 UB Münster Z. 16 Ersetze „Krise des Asylrechts“ durch „Die Stigmatisierung von Geflüchteten“
Angenommen Ä3 zum D1 18 UB Münster Z. 18 Ersetze „der Schwächeren“ durch „benachteiligter Gruppen“
Angenommen Ä4 zum D1 24 UB Münster Z. 24 Füge ein nach „leben!“ „, ein Projekt des Bundesfamilienministeriums zur Stärkung von zivilgesellschaftlichem Engagement und Demokratie,“
Angenommen Ä1 zum D1 34 UB Münster Füge ein in Z.34 nach "Finanzierung von" "dauerhaften"
Angenommen Ä5 zum D1 41 UB Münster Z. 41f Streiche „ehrenamtliche“
Text des Beschlusses:

Im Juni 2019 wurden tödliche Schüsse auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke abgefeuert. Bei einem antisemitischen Anschlag auf eine Synagoge und einen Dönerimbiss in Halle im Oktober 2019 wurden zwei Menschen ermordet. 2020 wurde die „Gruppe S“ unter Anderem in Minden-Lübbecke daran gehindert deutschlandweite Anschläge zu verüben und nur wenige Tage später erschoss ein Anhänger rassistischer Verschwörungsideologien in Hanau zehn Menschen, weitere erlitten Verletzungen. Die radikale Rechte ist aktiv und sie ist gefährlich. Bereits 2018 hat sich die Große Koalition deshalb auf ein Demokratieförderungsgesetz geeinigt.

Damit sollten endlich ein rechtlicher Rahmen für die sehr wertvolle Arbeit vieler Initiativen in der Demokratiearbeit geschaffen werden. Neben einer Vervierfachung des Budgets bis 2023 auf dann rund 200 Millionen Euro, sollte auch die institutionelle Antragsstellung und dauerhafte Förderung von Initiativen ermöglicht werden. Doch seit drei Jahren blockiert das Innenministerium das Gesetzespaket. Wir finden: Es wird Zeit!

Die Förderung zivilgesellschaftlicher Arbeit zur Demokratiestärkung, gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Muslimfeindlichkeit, Homo- und Transfeindlichkeit, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ist eine staatliche Daueraufgabe. Die Stigmatisierung von Geflüchteten und die Corona-Pandemie haben als Katalysator für einen Riss in der Gesellschaft gesorgt. Die gesellschaftliche Lastenverteilung aus diesen staatlichen Stresssituationen zu Ungunsten benachteiligter Gruppen, machte es leicht für die radikale Rechte gesellschaftliche Gruppen gegeneinander auszuspielen. Das gelingt ihnen besonders dort, wo andere Großinstitutionen wie Gewerkschaften, demokratische Parteien oder Kirchen an Bindung verlieren. Dabei zeigen antifaschistische Bürger:innenprojekte und Vernetzungsarbeit seit Jahren, dass ein entschiedenes Entgegentreten, das beste Mittel gegen Menschenfeindlichkeit ist. Leider sind viele dieser wichtigen Demokratieprojekte seit Jahren unterfinanziert oder haben keine dauerhafte Perspektive.

Deshalb braucht es einen Ausbau des Programms „Demokratie leben!“, ein Projekt des Bundesfamilienministeriums zur Stärkung von zivilgesellschaftlichem Engagement und Demokratie, in ein sogenanntes Demokratieförderungsgesetz, damit bewährte Strukturen und Partnerschaften lokaler Demokratieinitiativen auch ohne den Druck zeitlich begrenzter Projektarbeit ihre Ideen verwirklichen können. Begegnungsarbeit braucht Zeit und eine zweijährige Förderung schafft zwar den Aufbau von Strukturen, aber dann läuft zumeist ihre Förderung aus. Es kann nicht sinnvoll sein, dass kleine Initiativen auf jährliche Fördersummen hoffen, indem sie ihre bewährten Strukturen als ständig wechselnde Ideen verkaufen. So geht ehrenamtliches Engagement für Antragsstellung verloren.

Die demokratischen Werte eines Demokratieförderungsgesetzes müssen durch einen Konsens der demokratischen Parteien gestützt werden, damit Initiativen und lokaler Akteur:innen nicht zum Spielball wechselnder Mehrheitsverhältnisse werden. Die Bundesregierung muss eine Konzeption vorzulegen, um die Finanzierung von dauerhaften Strukturprojekten der Demokratieförderung von den bisher zeitlich begrenzten Programmlaufzeiten zu entkoppeln und auch ihre institutionelle Unterstützung zu ermöglichen. Bisher müssen Initiativen wie die Amadeu-Antonio Stiftung oder Aktion Sühnezeichen alle vier Jahre neue Konzepte einreichen, um eine Bundesförderung zu erhalten. Dabei ist allen Beteiligten klar, dass die Förderung dauerhaft bewährte Projekte stützt.

Statt neuer Hürden sollte bei der Schaffung eines Demokratieförderungsgesetzes darauf geachtet werden bürokratiearme Antragsstellung zu ermöglichen. Es braucht keine mehrfache Gesinnungsprüfung und Bekenntnisse zur FDG, wenn bereits die Projekte und Initiativen demokratiefördernd sind. Statt das Engagement von Bürger:innen unter Generalverdacht zu stellen, sollten Projekte zum Mitmachen ermutigen. Voraussetzung dafür sind nachvollziehbare Vorgaben für Qualitätskontrolle, Wirkungsevaluation und finanzielle Rechenschaft durch die Gesetzgebung. Aber auch das darf nicht dazu führen, dass lokale Initiativen statt durch bürokratische Antrags- und Abrechnungsarbeit in ihrer eigentlichen Aufgabe gehindert werden.

Eine wichtige Säule des Demokratieförderungsgesetzes ist der präventive Ansatz. Deshalb muss ein solches Gesetz einen bildungspolitischen Schwerpunkt haben. Das Programm „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ bietet hier schon einen guten Türöffner für die Arbeit. Dieses Netzwerk muss ausgebaut werden. Gerade junge Menschen müssen sich in ihrer politischen Entwicklung aktiv mit demokratischen Werten beschäftigen. Deshalb braucht es verstärkt einen Dialog zwischen geförderten Initiativen, rassistisch Betroffenen und Schüler:innen.

Doch Demokratieförderung muss auch online gedacht werden. Gemeinsam mit den Ländern muss der Bund attraktive und altersgerechte Medienbildungsangebote und unabhängige Beratungsangebote für alle Menschen auflegen, ausbauen und vernetzen, die eine demokratische Diskussionskultur im Netz fördern. Gleichzeitig muss der Staat sicherstellen, dass Initiativen vor verbalen Hassattacken oder gar tätlichen Angriffen sowie politischer Kriminalisierung geschützt sind.

Das demokratische Miteinander in den Herzen und Köpfen aller ist das Rückgrat einer wehrhaften Demokratie. Diese bestmöglich gegen demokratiefeindliche Bewegungen und Ansichten zu verteidigen ist auch Aufgabe des Bundes.

Beschluss-PDF: