B8 [zurückgezogen] Körpergeschichte

Status:
Zurückgezogen

Körper ist nicht nur etwas, was die Gestalt eines Menschen bestimmt oder den Organismus eines Lebewesens darstellt, Körper ist viel mehr. Körper ist ein mehrdimensionaler Forschungsgegenstand. Er ist das Ergebnis ständigen historischen Wandels, ein Ort politischer Konflikte sowie ein Ort gesellschaftlicher Ordnungsversuche. Was dies bedeutet haben unter anderem unsere Großmütter und Urgroßmütter erlebt. Noch bis 1958 durfte der Ehemann über das Dienstverhältnis seiner Frau entscheiden, bis 1977 war es Frauen nur erlaubt, berufstätig zu sein, wenn dies „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ waren und erst seit 1997 ist die Vergewaltigung in der Ehe strafbar. Ob Menschen berufstätig sein durften oder nicht, inwieweit sie über ihren Körper bestimmen durften oder nicht, war in Westdeutschland auch in der jüngeren Geschichte an Körperlichkeit gebunden.

Wir fordern die Erweiterung des Kernlehrplan des Faches Geschichte für allgemeinbildende weiterführende Schulen, um jeweils ein Inhaltsfeld, welches sich mit Körpergeschichte befasst!

Körpergeschichte geht von der Annahme aus, dass Vorstellungen über Körper ständig konstruiert und mit unterschiedlichen Bedeutungen aufgeladen werden. Damit sind Körperwahrnehmungen und Körperbilder vom historischen und kulturellen Wandel gekennzeichnet. Körpergeschichte fragt danach, wie Menschen ihre Wahrnehmungen von Körper mit Hilfe von Sprache und Symbolik ausdrücken. Es werden verschiedene Körper z. B. in Bezug auf ihr Geschlecht, Hautfarbe, Gesundheit/Krankheit historisiert. Die Ansätze, Debatten und Bereiche der Körpergeschichte können hierbei epochenübergreifend anhand von thematischen Beispielen erarbeitet werden. So ist z.B. Zwangsarbeit und Sklaverei eine epochenübergreifende Thematik, die sich an und mit Körper ereignet bzw. ereignet hat. Eine aktuell besprochene Thematik aus dem Bereich Körper und Ökonomie ist z.B. die Ausbeutung von uighurischen Zwangsarbeiter:innen in Regionen wie Xinjiang oder die Geschichte der Sklaverei und des europäischen Kolonialismus.

Schüler:innen brauchen das Wissen über den historischen Wandel von Körperbildern und die Fähigkeit, diese einordnen zu können, um an aktuellen gesellschaftspolitischen Debatten rund um Körper partizipieren zu können!

So könnte der Kernlehrplan für die Sekundarstufe I für Gymnasien/Gesamtschulen in NRW des Faches Geschichte um ein Inhaltsfeld 11 mit dem Namen Menschliche Körper aus historischer Perspektive erweitert werden. Angelehnt an die Forschung könnten in diesem Inhaltsfeld die Bereiche Körper und Gesellschaftsordnung, Körper und Ökonomie sowie Körper: Religion und Magie behandelt werden. Des Weiteren könnte der Kernlehrplan der Sekundarstufe II für Gymnasien/Gesamtschulen in NRW des Faches Geschichte um ein Inhaltsfeld 8 mit gleichnamiger Betitelung erweitert werden. Darin könnten die Bereiche Körper und Wissenschaft sowie Körper und Recht behandelt werden.