W10 [zurückgezogen] Mehrwertsteueranpassung für den Klimaschutz

Status:
Zurückgezogen

Wie groß der ökologische Fußabdruck des wöchentlichen Supermarkteinkaufs ist, richtet sich maßgeblich nach der Wahl der Lebensmittel. Eine Möglichkeit, den Griff zu pflanzlichen Produkten attraktiver zu machen, ist die Anpassung des Mehrwertsteuersatzes.

(Rechtliche) Ausgangslage

Die Umsatzsteuer (umgangssprachlich Mehrwertsteuer) ist eine Gemeinschaftssteuer, die auf inländische Dienstleistungen und Waren anfällt. In Deutschland gibt es zwei Mehrwertsteuersätze: Den Regelsteuersatz von 19 % und den ermäßigten Steuersatz von 7 %. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ermäßigt sich die Steuer auf 7 % unter anderem bei Fleisch, Fisch, Milch und Milcherzeugnissen, Eiern, Gemüse, Obst, Leitungswasser und Backwaren. Der Gesetzgeber wollte dadurch insbesondere Lebensmittel, die zu den Grundnahrungsmitteln gehören, bevorzugt behandeln. Diese Einteilung jedoch führt zu ökologisch untragbaren Ergebnissen: Während z.B. Kuhmilch mit 7 % besteuert wird, wird pflanzliche Milch mit 19 % besteuert.

Das Mehrwertsteuersystem beruht auf der EU-Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006. Gemäß Anhang III Nr. 1 können die nationalen Gesetzgeber den ermäßigten Steuersatz auf Nahrungsmittel, auf die üblicherweise für die Zubereitung von Nahrungsmittel verwendeten Zutaten sowie auf die üblicherweise als Zusatz oder als Ersatz für Nahrungsmittel verwendeten Erzeugnisse anwenden. Somit steht es im Ermessen des Gesetzgebers, die Liste der begünstigten Lebensmittel auch anhand von Nachhaltigkeits- und Klimaschutzgesichtspunkten zu ändern oder zu erweitern.

(Ökologische) Auswirkungen der Produktion und des Konsums tierischer Lebensmittel

Die Produktion tierischer Lebensmittel hat bewiesenermaßen erhebliche negative Auswirkungen auf unsere Umwelt. Die Freisetzung von klimaschädlichen Emissionen, Flächenverbrauch, Regenwaldrodung und erheblicher Wasserverbrauch tragen unmittelbar zum Klimawandel bei. Der geschätzte Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch in Deutschland lag 2020 laut Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft[1] bei 57,3 kg. Das ist doppelt so viel, wie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V.  (DGE) empfohlen.[2] Zwar sank der Pro-Kopf-Verzehr damit um 1,3 % im Gegensatz zu 2019, doch dies ist nicht ausreichend für eine Ernährungswende.

Aktuell entfallen dadurch in Deutschland 210 Millionen Tonnen C02-Äquivalente auf ernährungsbedingte Treibhausgasemissionen.[3] Durch eine Halbierung des Fleischkonsums könnte dieser Wert um 27 % gesenkt werden. Weitere 98 bis 102 Millionen Tonnen C02-Äquivalente könnten durch die Umstellung auf eine vegetarische oder vegane Ernährung erreicht werden.

Insbesondere finanziell benachteiligte Menschen werden durch die aktuelle Besteuerung und den dadurch höheren Produktpreis mittelbar diskriminiert. Durch Ermäßigung der Mehrwertsteuer auf vegane und vegetarische Ersatzprodukte kann Verbraucher:innen ein Anreiz gegeben werden, weniger klimaschädliche Lebensmittel einzukaufen. Zudem wird dadurch die vegane und vegetarische Ernährung für alle Menschen zugänglicher gemacht.

Daher fordern wir:

Die Mehrwertsteuer auf vegane und vegetarische Ersatzprodukte, die Fleisch und fleischhaltige Produkte als Grundnahrungsmittel ersetzen, wird einheitlich von 19 % auf 7 % ermäßigt.

[1] https://www.bmel-statistik.de/ernaehrung-fischerei/versorgungsbilanzen/fleisch/

[2] https://www.dge.de/presse/pm/gut-fuer-die-gesundheit-viel-gemuese-und-obst-weniger-fleisch/

[3] https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/kulinarische-kompass-klima.pdf