INI1 Mensch, Struktur, Wandel: Unser Weg zum sozialistischen und ökologischen Umbau der Wirtschaft

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Status:
Angenommen

Am 20. September 2019 waren in Deutschland über eine Millionen Menschen auf der Straße, um für den Klimaschutz und gegen die Ausbeutung unseres Planeten zu demonstrieren. Die Menschen haben angesichts dessen einen großen Wurf beim Klimaschutz erwartet. Die Große Koalition hat wieder einmal bewiesen, dass sie höchstens den Minimalkonsens liefern kann. Die CDU beweist wieder einmal, dass sie ein Bremsklotz jeder progressiven Politik ist. Wir wollen ein wirtschaftliches Gegenkonzept zum neoliberalen Status Quo, ein Gegenkonzept zur Ausbeutung von Arbeitskraft, zur Ausbeutung von Menschen und zur Verschwendung natürlicher Ressourcen. Für uns ist es nie ein Entweder-Oder zwischen Arbeitsplätzen und Umweltschutz. Wir stehen für einen sozialverträglichen Ausstieg aus fossilen Energieträgern bei gleichzeitigen Infrastrukturmaßnahmen und -investitionen in den betroffenen Regionen. Und wir kämpfen für gute, tarifgebundene und von Mitbestimmung geprägte neue Arbeitsplätze. Nur so kann Strukturwandel gelingen und nur so fahren wir das Rheinische Revier und die anderen Braunkohle-Reviere nicht vor die Wand und können vielleicht einiges im Ruhrgebiet wieder geraderücken, was dort verpasst worden ist.

Das sagen wir zur Energiewende

Die Energiewende wird in der öffentlichen Debatte leider zu oft verkürzt auf eine Frage der Kraftwerke, auf “Kohle – ja oder nein?”. Für uns ist dabei klar: Die Energieversorgung der Zukunft ist weder fossil noch atomar. Wir wollen den Ausstieg aus Kohle und Atom. Die Frage nach dem Datum des Kohleausstiegs ist dabei sowohl in der Gesellschaft als auch in unserem Verband hoch umstritten. Der Kompromiss der Kommission “Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung” (Kohle-Kommission), der schrittweise Ausstieg aus der Förderung von Braunkohle und Verstromung von Braun- und Steinkohle bis zum Zeitkorridor 2035 bis 2038 ist mutlos, ideenlos und das Ergebnis eines mangelnden Investitionswillens und kapitalistischer Unternehmensinteressen. Auf Seiten der Beschäftigten vor Ort und anderer lokaler Akteur*innen herrscht große Unsicherheit, denn am Ruhrgebiet wird deutlich, welche Folgen ein gescheiterter Strukturwandel hat. Doch aufgrund der breiten Beteiligung der unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteur*innen in der Kommission – Arbeitgeber*innen, Industrie, Gewerkschaften, Politik, die Kirchen, Umweltverbände und Bürger*innen aus den betroffenen Revieren – kann der Kompromiss nicht einfach beiseite gewischt werden. Wir müssen alles dafür tun, dass die Energiewende sozial und schnell geschieht. Dazu müssen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden:

  • Ein wirklich tragfähiges Konzept für die betroffenen Regionen zur Umstrukturierung der Wirtschaft. Wir können uns keinen zweiten gescheiterten Strukturwandel leisten. Eine Deindustrialisierung muss dabei verhindert werden.
  • Die Demokratisierung der Wirtschaft: Solange kapitalistische Interessen Vorrang vor dem Gemeinwohl haben, kann es keine nachhaltige, soziale und ökologische Transformation geben.
  • Massive Investitionen in den Umbau der Energieversorgung und Infrastruktur. Die Kosten müssen von denen getragen werden, die viel haben und geben können. Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen und ohne nennenswerte Vermögen müssen entlastet werden.

Wenn diese Bedingungen nicht nur politische Lippenbekenntnisse sind, sondern mit konkreten Plänen und Maßnahmen unterlegt werden, ist ein schnellerer Kohleausstieg möglich. Wichtige Meilensteine auf dem Weg dahin sind die Ausgestaltung und Verabschiedung der institutionellen Verankerung des Ausstiegs in Form eines Gesetzespakets im Bundestag und die Überprüfungszeitpunkte 2023, 2026 und 2029, bei denen eine Revision der Maßnahmen stattfinden wird und nachgesteuert werden kann. Wir können keine einfachen Antworten geben – wir wollen Perspektiven aufzeigen.

Sozialistischer Umbau des Unterbaus

An folgenden Problemen und Widersprüchen in der Wirtschaft ändert sie jedoch nichts: Ausbeutung der Menschen, ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen, Schere zwischen Arm und Reich, Streben der Unternehmen nach Profit, fehlende Investitionen, ungleiche Verteilung von Gewinnen, zunehmende Privatisierung vor allem im öffentlichen Raum, fehlende Mitbestimmung insbesondere bei unternehmerischen Fragen in Betrieben. Eine wirklich ökologische Wirtschaft kann es im Kapitalismus nicht geben, denn dieser ist immer an höchstmöglichen Profiten interessiert.

Demokratisierung der Wirtschaft

Bei der Demokratisierung von Unternehmen stellt sich für uns zwangsläufig die Frage des Privateigentums und der Enteignung. Wenn wir davon sprechen, dass wir Privateigentum enteignen wollen, meinen wir damit nicht die Zahnbürste und den Thermomix zuhause. Die möchten wir niemandem wegnehmen. Stattdessen fordern wir, dass Privatpersonen nur dann Eigentum an etwas haben dürfen, wenn der Besitz dieser niemandem sonst Schaden zufügt. Wenn Einzelpersonen Unternehmen besitzen, können sie die Beschäftigten ausbeuten und den erwirtschafteten Profit alleine behalten. Gehört ein Unternehmen allen dort Arbeitenden gemeinsam, können sie auch gemeinsam alle unternehmerischen Entscheidungen treffen. Eine Unternehmensform, die eine solche Mitbestimmung in den Betrieben zumindest zum Teil durchsetzt sind Genoss*innenschaften. Deshalb wollen wir diese Unternehmensform fördern. Außerdem sollen öffentliche Aufträge unter anderem nach dem Kriterium der Mitbestimmung in den Betrieben vergeben werden. Langfristig streben wir an, dass alle Beschäftigten eines Unternehmens die unternehmerischen Entscheidungen für das Unternehmen gemeinschaftlich treffen. Wird ein neues Unternehmen gegründet, muss es diese Beteiligung aller Beschäftigten umsetzen, zum Beispiel in Form einer Genoss*innenschaft, bei der alle Beschäftigten Mitglieder sind. Solange Unternehmen nicht nach diesen Regeln funktionieren, muss die Forderung weiterhin lauten, dass die betriebliche Mitbestimmung um die unternehmerische Mitbestimmung erweitert werden muss.

Wir beobachten, dass es seit mehreren Jahrzehnten Entwicklungen dahin gibt, dass Unternehmen ihre Beschäftigten indirekt steuern, ihnen also keine direkten Anweisungen für das Erledigen ihrer Arbeitsschritte geben, sondern sie ihre Arbeit selbst organisieren lassen. Sie geben ihnen lediglich die Rahmenbedingungen vor, bspw. Zeitrahmen, Budget, Kennziffern usw. Die Unternehmen machen das, weil sie bemerkt haben, dass diese Art des Produzierens die Produktivste ist und am meisten Gewinn erwirtschaftet. Momentan führt diese Art zu arbeiten zu Druck unter den Beschäftigten, Überlastung und oft auch zu Burnout. Allerdings lässt sich darin auch ein Potential beobachten: Die Beschäftigten haben ihre Produktivkraft so weiterentwickelt, dass sie fähig sind, ihre Arbeit alleine zu organisieren, ohne auf eine*n Chef*in angewiesen zu sein. Die Beschäftigten setzen sich aber nicht nur mit ihrer Arbeit auseinander und wie sie am produktivsten für das Unternehmen arbeiten können, sondern zunehmend auch damit, ob ihre Arbeit und die Produktion gesellschaftlich sinnvoll ist. In einem Technikkonzern beispielsweise hat ein Team von Beschäftigten den Auftrag bekommen, eine Drohne zu entwickeln, die möglichst gezielt Menschen abschießen kann. Sie haben sich geweigert, diese Technologie zu entwickeln, weil sie es moralisch ablehnen, Menschen zu töten. Die Unternehmensleitung konnte den Auftrag nicht selbst erfüllen, da ihnen das benötigte technische Know-How fehlte. Dieses besitzen nur die Beschäftigten beziehungsweise die Arbeitskraft. Das Unternehmen verlor dadurch viel Geld. Eine andere Gruppe von Beschäftigten hatte Ideen dafür, einen emissionsarmen Motor zu bauen. Der Autohersteller lehnte ab – wegen zu hoher Produktionskosten. Wir sehen also, dass Beschäftigte auch andere Faktoren in ihre Arbeit miteinbeziehen als die der Profitmaximierung.  Deshalb fordern wir: Beschäftigte müssen Unternehmen selbst besitzen, damit sie demokratisch über die Organisation und Produktion entscheiden können. Durch demokratische Betriebsorganisation können ökologische Faktoren und Geschlechtergerechtigkeit auch unabhängig von Profitmaximierung durch die Beschäftigten berücksichtigt werden.

Um den Beschäftigten die Möglichkeit zu geben selbst zu bestimmen, was sie wie produzieren müssen wir die Betriebe demokratisieren und die Möglichkeit zur Einbeziehung sozialer, feministischer und ökologischer Interessen in die Produktion sein.

Um die betriebliche auf unternehmerische Mitbestimmung auszuweiten, wollen wir die Mitbestimmungsrechte in §87BetrVG um die Mitbestimmung in wirtschaftlichen Fragen ausweiten. Wirtschaftsausschüsse sollen aufgewertet werden, indem ihnen nicht mehr nur ein Beratungs-, sondern auf ein Mitbestimmungsrecht zukommt.

Feminismus ist für uns ein Kampf, den wir in allen Lebensbereichen kämpfen, deshalb wollen wir erreichen, dass es in allen Betrieben gewählte Gleichstellungsbeauftragte beziehungsweise Gleichstellungsausschüsse gibt.

Unser Ziel ist die Demokratisierung aller Unternehmen; um dieses Ziel über die betriebliche Mitbestimmung zu erreichen ist es notwendig, dass es in allen Betrieben Betriebsräte gibt.

Ökologischer Umbau

Jahrzehntelang wurde das Energiesystem in drei weitestgehend voneinander getrennte Sektoren konzipiert: Strom, Wärme, Mobilität. Die einzelnen Energieträger, die Energieproduktion und -verteilung der Sektoren operierten relativ unabhängig von den jeweils anderen. Dies wird in Zukunft nicht mehr möglich sein und stellt einen Paradigmenwechsel und eine Herausforderung dar.

Energie und Speicher

Der Energiemix und die Energiewende müssen europäisch gedacht werden. Die Vernetzung und Einbeziehung der Nachbarländer ist nicht nur eine politische, sondern auch eine logische Notwendigkeit. So divers wie ein Energiemix aussehen muss, der ohne fossile Energieträger auskommt, in dem Wind, Wasser, Sonne, Biogas und viele mehr einen Teil stellen müssen, so divers muss auch der Mix an Speichertechnologien sein. Systeme, die nur auf eine Technologie setzen, sind störungsanfälliger und lassen außen vor, dass sich die unterschiedlichen Vorteile der einzelnen Speicher ergänzen und die jeweiligen Nachteile ausgleichen können. Wo fossile Kraftwerke weitestgehend standortunabhängig realisiert werden können, ist dies bei Erneuerbaren und einigen Speichertypen komplett anders. Natürliche Gegebenheiten wie Stauseen und Flüsse zur Gewinnung von Wasserkraft, sonnenreichere Regionen für Solar und Photovoltaik (PV) und windreichere Regionen für Onshore und Offshore geben quasi geographisch vor, an welchen Standorten welche Anlagen am effektivsten sind. Deshalb muss auf eine größere Steuerung geachtet werden. Es ist nicht länger legitim, wenn sich einzelne Regionen beispielsweise dem Ausbau von Windkraftanlagen versperren. Ein wichtiger Punkt muss deshalb, sowohl beim Anlagen- als auch beim Netzausbau sein, dass berechtigte Bürger*innenproteste konstruktiv in die Prozesse einfließen können, aber unberechtigte Proteste (nach dem Prinzip: Nicht hinter meinem Haus) nicht auf Jahre Vorhaben ausbremsen. Eine bessere Förderung von staatlicher Seite für Windenergieanlagen ist dabei unabdingbar, um den stockenden Ausbau wieder voranzubringen. Außerdem müssen Anreize gesetzt werden, damit wieder mehr Unternehmen, die sich auf erneuerbare Energien spezialisieren, sich in Deutschland und Europa ansiedeln und Europa somit den weiteren Anschluss auf internationaler Ebene nicht verpasst.

Denn besonders bei dem Punkt von Produktion und Verteilung von Strom wird es einen weiteren Paradigmenwechsel geben. Das bisherige Energiesystem war auf wenige Großkraftwerke ausgerichtet, von denen aus Strom dann auch in durchaus weiter entfernte Gebiete transportiert worden ist. Über je weitere Strecken Strom geleitet wird, desto höher sind die Energieverluste. Bei Windkraft- und Solar-/PV-Anlagen besteht nicht die Notwendigkeit einer zentralisierten Aufstellung; es ist auch gar nicht in selben Maße möglich, da in Relation zur Kapazität von Anlagen, die mit fossilen oder atomaren Energieträgern arbeiten, mehr Fläche benötigt wird. Die regenerativen Anlagetypen können ohne unverhältnismäßigen Kostenaufwand dezentral organisiert werden. So muss zum Beispiel stärker fokussiert werden, mehr Gebäude mit Solar-/ und PV-Anlagen auszustatten und dies bei Neubauten auch von Anfang an in die Planungen einzubeziehen, um daraus einen neuen Standard zu entwickeln. Dadurch ergeben sich Effizienzgewinne. Analog dazu muss das System der Energiespeicher konzipiert werden. Diese werden in Zeiten von Überkapazitäten geladen und in Zeiten von Unterkapazitäten entladen. Inwiefern ein dezentrales, subsidiär arbeitendes System effizienter ist als ein zentrales oder eine Mischform, muss im Hinblick auf die Möglichkeiten und vor allem den Willen zum Netzausbau und -umbau bewertet werden, da ein dezentrales System größere Veränderungen benötigt. Ein absolutes Novum würde dies aber nicht darstellen: So wie jedes Haus über eine eigene Warmwasseraufbereitung verfügt, ist auch die Ausstattung mit adäquaten Speichergeräten realistisch.

Die Strompreise für Haushalte in Deutschland gehören zu den höchsten in Europa. Dies liegt an marktwirtschaftlichen Mechanismen und den bisherigen Steuer- und Abgabenregelungen, die im Zusammenhang mit dem Ausbau regenerativer Energien steht. Diese sind in den vergangenen 20 Jahren so stark angestiegen, dass es für Haushalte mit niedrigen Einkommen eine besondere Belastung darstellt. Denn von Windkraft- und Solar-/ Photovoltaik-Anlagen kann nur profitieren, wer Fläche und Kapital hat, um diese oder Anteile an bestehenden Anlagen zu erwerben. Daraus kann aber nicht folgen, dass der Ausbau der Erneuerbaren gestoppt werden muss, sondern dass die Kosten für den Umbau der Energieversorgung anders verteilt und kleine und mittlere Einkommen entlastet werden müssen. Insgesamt muss das Energiesystem, zugunsten von Preisstabilität und Versorgungssicherheit dem Spiel des freien Marktes entzogen werden. Das unbedingte Gewinnstreben und der Zwang zur Renditenerhöhung konterkarieren das Gemeinwohl. Zu diskutieren wären die angemessenen Maßnahmen, beispielsweise ob ein Renditendeckel zielführend ist und wie die Rolle der Stadtwerke in diesem System ist, da sie als kommunale Gesellschaften anders arbeiten können als Aktienunternehmen.

Wärme

Der Transformationsbedarf ist im Wärme-Sektor noch viel höher als im Strom-Sektor. Während letzterer einen Anteil an Erneuerbaren Energien von aktuell ca. 36 % an der Nettostromerzeugung verzeichnet, liegt dieser Wert im Bereich Wärme bei gerade einmal 15 %. Einen Beitrag zur Umstrukturierung kann die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) liefern. Abwärme, die bei der Produktion elektrischen Stroms entsteht, kann als Nah-, Fern oder Prozesswärme genutzt werden. Die Dezentralisierung kann auch hier mittels einzelner Blockheizkraftwerke in Wohngebieten geschehen. Eine weitere Stellschraube liegt in Wärmenetzen. Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE verweist darauf, dass sich durch die leitungsgebundene Wärmeverteilung eine höhere Flexibilität erreichen lässt, die bei der Kopplung mit regenerativen Kraftwerken notwendig ist, um eine effiziente und gleichzeitig versorgungssichere Energiebereitstellung zu realisieren.

In den vergangenen Jahren sind besonders im Bereich von Braun- und Steinkohlekraftwerken KWKen errichtet worden, womit viele Haushalte mittels Fernwärmeleitungen mit Wärme versorgt werden. Dies ist besonders relevant, wenn über die Abschaltung der entsprechenden Kraftwerke gesprochen wird. Die Fernwärmeleitungen müssen substituiert werden und dies kann im Sinne einer ökologischen Transformation natürlich nicht durch einen Ersatz mittels einer Beheizung durch Erdgas geschehen und stellt deshalb eine besondere Herausforderung dar. Bei allen Kraftwerken, die bislang mit fossilen Brennstoffen betrieben wurden, sollte geprüft werden, inwiefern die vorhandene Infrastruktur genutzt und diese auf regenerative Brennstoffe umgestellt werden können, wie beispielsweise Gas-und-Dampf-Anlagen.

Mobilität

Mobilität ist ein Grundrecht aller Menschen. Um an einer modernen Gesellschaft überhaupt teilhaben zu können, muss jede und jeder in der Lage sein ohne Probleme von A nach B zu kommen. Ziel ist es weiterhin, den Verkehr von der Straße und aus der Luft auf die Schiene zu bringen. Dazu bedarf es eines gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Wir haben aktuell weder quantitativ noch qualitativ einen befriedigenden Status erreicht. Es gibt erhebliche Ausbaubedarfe in den Städten und im ländlichen Raum. Innovative Verkehrskonzepte, wie zum Beispiel die Nutzung von Seilbahnen oder fahrer*innenlosem ÖPNV müssen dafür stärker in Betracht gezogen werden, um sowohl viel genutzte Strecken zu entlasten als auch Gebiete zu erschließen, die schlecht angebunden sind. Je mehr Menschen den ÖPNV nutzen, desto besser ist dies in ökologischer Hinsicht. In ländlichen Regionen wird jedoch auf absehbare Zeit der motorisierte Individualverkehr nicht ersetzbar sein. Deshalb muss dieser von fossilen Antrieben hin zu Elektro und power-to-x, ganz im Sinne der Sektorenkopplung umgestellt werden. Zu Lithium-Ionen-Akkus allerdings brauchen wir langfristig Alternativen.

Des Weiteren halten wir an dem Ziel eines fahrscheinlosen und für alle kostenlosen ÖPNVs fest. Mobilität hört aber nicht an der Stadt- oder der Verkehrsverbundsgrenze auf. Es bedarf auch einer genauen Betrachtung des Fernverkehrs. Wir kritisieren die Unverhältnismäßigkeit der Preise von öffentlich gefördertem Bahnverkehr und privat finanzierten Fernbussen. Reisen mit dem Fernverkehr müssen für alle bezahlbar sein. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die beschlossene Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets.

Ferner soll es einen Fokus auf die Nutzung von Fahrrädern geben, dies beinhaltet auch eine Anpassung der Schnittstellen zum ÖPNV. Ein zentrales Ziel ist also, die Verkehrswege auf die Mobilitätsbedürfnisse der Zukunft einzustellen (ob beim Schienennetz oder Fahrradstraßennetz).

Neben der Personenbeförderung spielt auch der Gütertransport eine entscheidende Rolle. Wir wollen nicht, dass immer weitere Autobahnen unsere Umwelt zerstören, sondern fordern einen Ausbau vor allem der Schiene und der Binnenschifffahrt.

Forschung und Innovation

Eine wichtige Rolle in all dem spielt die Forschung. Neben dem Bau neuer Anlagen und von Infrastruktur wird die Entwicklung und Weiterentwicklung neuer Technologien entscheidend beim Umbau des Energiesystems sein. In nahezu allen Bereichen sind Effizienzsteigerungen nötig. Dies kann nur durch wissenschaftliche Arbeit ermöglicht werden. Der Staat muss auch hier aktiv sein. Nicht in dem Sinne, dass in die Wissenschaft eingegriffen wird, sondern dass ausreichend Mittel bereitgestellt werden. Ein Teil sollte dabei in die Erforschung konkreter Technologien fließen. Ein anderer Teil sollte aber auch die Grundlagenforschung unterstützen. Bei dieser ist ein konkreter Nutzen zwar nicht immer absehbar, er wird sich aber in vielen Fällen nach einiger Zeit ergeben. Personen, die statt staatlich unterstützter Forschung die Innovationskraft des freien Marktes preisen sei gesagt: Im weltweit bekanntesten Smartphone ist nicht ein einziges Stück Technik verbaut, dass nicht entweder aus staatlich subventionierter Forschung oder direkt aus staatlichen Forschungsprogrammen heraus entstanden ist. Um Innovation besser zu fördern wollen wir, dass der Staat Start-Ups stärker als bisher mit Wagniskapital unterstützt. Allerdings darf der Staat hierbei nicht nur einseitig an Verlusten beteiligt werden, sondern sollte im Erfolgsfall auch an Gewinnen beteiligt werden.

Ressourcen und Kreislaufwirtschaft

Am 3. Mai 2019 hat Deutschland alle nachwachsenden Ressourcen verbraucht, die für dieses Jahr zur Verfügung standen. Deutschland wirtschaftet nicht ansatzweise nachhaltig und ressourcenschonend; in den anderen westeuropäischen Staaten sieht es nicht anders aus. Stattdessen beobachten wir, dass in Wien täglich so viel Brot weggeschmissen wird, wie in Graz gegessen wird; dass jährlich 230.000 Rinder für den deutschen Müll geschlachtet werden; dass Flüsse in der Provence austrocknen, weil das Wasser für die Landwirtschaft genutzt wird. Wer ein Interesse daran hat, dass die Menschheit auch in mehreren Jahren noch natürliche Ressourcen nutzen kann, muss sich mit alternativen Formen des Wirtschaftens beschäftigen. Eine davon ist die Kreislaufwirtschaft. Sie sieht vor, dass Produkte so designt und konzipiert werden, dass bei ihrer Produktion minimal Müll anfällt und dass, wenn sie kaputt gehen sollten, die defekten Teile ausgewechselt, recycelt und wiederverwendet werden können. Dadurch soll ein Ressourcenkreislauf entstehen. Alle Rohstoffe, die diesen Kreislauf einmal betreten, sollen möglichst lange, wenn nicht gar für immer, darin verbleiben. Die Kreislaufwirtschaft setzt darauf, dass Produkte möglichst lange genutzt werden können und keine Mechanismen eingebaut werden dürfen, die technische Geräte absichtlich langsamer werden lassen bzw. ihre Lebensdauer verkürzen. Diese Art zu wirtschaften ist ressourcenschonend und umweltfreundlich und daher sinnvoll. In einer sozialistischen Wirtschaft muss ökologisch gewirtschaftet werden; dafür ist die Kreislaufwirtschaft eine gute Möglichkeit. Die Kreislaufwirtschaft kann als ein Aspekt einer veränderten Wirtschaftsweise verstanden werden kann, als ein Schritt in die richtige Richtung, der aber nicht ausreicht, um alle Probleme zu lösen. Dafür braucht es nach wie vor eine durch die Beschäftigten demokratisch organisierte und damit sozialistische Wirtschaft.

Woanders ist auch scheiße

Der Umbau des Energiesystems wird umfassende Baumaßnahmen, die Errichtung neuer Anlagen zur Produktion, Verteilung und Speicherung von Energie und die Veränderung der Infrastruktur benötigen und damit ebenfalls einen sehr hohen Arbeitsbedarf erfordern. Wenn also einerseits ein riesiger Bedarf an Arbeitskraft besteht und bestehen wird, der vor allem von Menschen geleistet werden wird und es andererseits Regionen gibt, in denen alte Wirtschaftszweige auslaufen und nicht weiter bestehen können müssen diese beiden Seiten zusammengebracht werden. Konkret heißt das: Bei allem, was für die Transformation produziert, installiert und gebaut werden muss, sind die zu beauftragenden Unternehmen priorisiert in den ehemaligen Braun- und Steinkohlerevieren anzusiedeln oder Unternehmen den Vorzug zu geben, die bereits in der Region verortet sind und gute tarifliche Arbeitsbedingungen bieten. Außerdem wollen wir für die Dauer des Transformationsprozesses die Vergaberichtlinien für öffentliche Aufträge ändern. In den (ehemaligen) Revieren sollen nach Vorbild des Preston Modells der Labour Party Aufträge nicht mehr nur nach dem Kriterium der Wirtschaftlichkeit vergeben werden, sondern vor allem nach dem Nutzen für die regionale Wirtschaft. Die potentielle Arbeitskraft muss als Standortvorteil genutzt werden. Für Speichertechnologien mit hoher Arbeitsintensität (zum Beispiel für Betrieb und Wartung), die bei gleicher Effizienz an verschiedenen Standorten gleichsam eingesetzt werden könnten, sollte ebenfalls das Arbeitskräftepotential ein Entscheidungskriterium darstellen. Grundsätzlich sollten vor Ort ansässige Unternehmen und kommunale Entscheidungsgremien in die neue Gestaltung der entstehenden Brachflächen eingebunden werden. Auch mögliche Forschung zu Speichertechnologien und Energie- und Klimaforschung sollte vor Ort angesiedelt oder Aufträge an bereits bestehende Forschungseinrichtungen vergeben werden, um den lokalen Arbeitsmarkt zu stärken und die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass neu entstehende Arbeitsplätze nicht nur im rein akademischen Bereich liegen, sodass das Arbeitskräftepotential aus den Bergbauunternehmen genutzt werden kann. In den Regionen, in denen der Braunkohlebergbau jetzt eingestellt wird, müssen nicht nur neue Arbeitsplätze entstehen, sondern auch Investitionen in Wohnen, Infrastruktur und Bildung fließen – vom KiTa-Platz bis zu Hochschule. Denn Investitionen in Neugründungen von Universitäten und Hochschulen sind ein Baustein von Bedeutung, da sie zur Innovation beitragen und junge Menschen in die Region holen. Diese bringen innovative Projekte voran, die sich direkt vor Ort ansiedeln können und somit Regionen beleben.

An den (ehemaligen) Bergbaustandorten sollte auch eine örtliche Nachnutzung im Fokus stehen, damit keine großen Brachflächen entstehen. Neben der Renaturierung, die vor allem in Braunkohlerevieren eine Rolle spielt, sollte die vorhandene Infrastruktur für jedwede energetische Weiternutzung genutzt werden, um ressourcenschonend zu arbeiten. Hierbei sind vor allem Speichertechnologien wie power-to-x oder Pumpspeicherwerke zu fördern, wenn sie die bestehende Infrastruktur des Bergbaus weiterhin nutzbar machen können. Außerdem sollten die neu entstehenden Flächen auch kommunaler Nutzung zugeführt werden können, wenn die Flächen etwa infrastrukturell so gut angebunden sind, dass sich Wohnungsbau hier eignet, um dem immer knapper werdenden sozialen Wohnungsbau entgegentreten zu können.

Industrie

Der notwendige Strukturwandel stellt die Industrie im Rheinischen Revier vor eine enorme Herausforderung. Doch Transformationsprozesse können und sollen in erster Linie auch als Chance gesehen werden. Wenn es uns gelingt, mit industriepolitischen Eingriffen Strukturbrüche zu vermeiden, schaffen wir soziale Sicherheit für die Beschäftigten in der Region.

Doch was bedeutet Industriepolitik überhaupt? Während Konservative und Neoliberale sich auf allgemeine Förderungen beschränken und darauf hoffen, dass der Markt es schon regeln werde, fordern wir Jusos gezieltere Maßnahmen. Industriepolitik muss für uns strategisch, innovativ und vorausschauend sein. Um den Strukturwandel zu meistern, brauchen wir aktive Eingriffe in unsere Industrie. Der Staat soll Motor für Innovation sein. Doch gleichzeitig ist der Staat auch dafür zuständig, welche Art von Innovation zulässig ist. Wollen wir die Wirtschaft im Rheinischen Revier (und darüber hinaus) wirklich umbauen, müssen wir Segmente definieren, die der Staat gezielt fördern soll. Und gleichzeitig müssen wir bestimmte Arbeitnehmer*innen-, sowie Umwelt- und Nachhaltigkeitsstandards als Bedingungen formulieren damit eine sozial-ökologische Transformation gelingen kann. Dazu braucht es allerdings eine enge Abstimmung zwischen betroffenen Kommunen, Land und Bund und Gewerkschafte.

Der Staat kann und soll den Strukturwandel aktiv lenken und gestalten, um gute Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. So können wir beweisen, dass Energiewende und Industrie keine Widersprüche sind.

Wo kommt die Kohle her?

Die Perspektiven, die wir für die soziale und ökologische Transformation aufzeigen bedeuten zweifelsohne einen riesigen Investitionsbedarf. Die Frage danach, wie all das finanziert werden soll, kann zumindest in negativer Weise sehr kurz beantwortet werden: Die Hauptlast darf nicht bei Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen liegen. Und das ist auch gar nicht notwendig, denn es gibt viele, mehr als gut situierte natürliche und juristische Personen, welche problemlos mehr finanzielle Verantwortung tragen können, ohne dadurch in Bedrängnis zu geraten.

Dafür brauchen wir auch im haushaltspolitischen Bereich eine Wende. Schuldenbremse und schwarze Null sind Ausdruck der Aufgabe eines politischen Gestaltungsanspruchs. Der konservative, zunächst moralisch vorgebrachte Verweis auf künftige Generationen für die Begründung einer schwarzen Null muss als das enttarnt werden, was es ist: Neoliberale Verteilungsinteressen in der Gegenwart. Und jetzt, da sich die Bundesrepublik für historisch niedrige Zinsen refinanzieren könnte, wird die absurde Tragik der Schuldenbremse besonders deutlich. Die Politik muss das buchstäblich geschenkte Geld auf der Straße liegen lassen, während die öffentliche Infrastruktur verfällt und in Zukunft mit hohen Folgekosten zu Buche schlägt. Aber auch ohne die politisch falsche Entscheidung der Schuldenbremse zurückzunehmen, stehen uns immerhin 0,35% des BIP, also ca. 11,7 Milliarden Euro pro Jahr für Investitionen zur Verfügung. Aber selbst dieser Spielraum wird zugunsten der schwarzen Null nicht ausgenutzt und das, obwohl es noch nie so günstig für den deutschen Staat war, sich Geld zu leihen. Die Einhaltung der Schuldenbremse führt dazu, dass Investitionen die ersten Ausgaben sind, die gekürzt werden.

Wer eine gute Zukunft will, muss schon heute etwas dafür bezahlen. Damit der Staat die Voraussetzungen für eine gute Zukunft gestalten kann, muss er mit den nötigen finanziellen Mitteln und Möglichkeiten ausgestattet sein. Die staatlichen Einnahmen müssen durch eine verantwortungsvolle und gerechte Steuerpolitik (Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Finanztransaktionssteuer, Körperschaftssteuer, Kapitalertragssteuer) erhöht werden. Darüber hinaus fordern wir die Rücknahme der Schuldenbremse. Diskutiert werden sollte auch die Bildung eines Staatsfonds. Kurzfristig soll der gesamte Spielraum der aktuellen Gesetzeslage für Zukunftsinvestitionen ausgenutzt werden.

Besonderer Handlungsbedarf besteht in Deutschland bei den Vermögen. In der Eurozone sind diese nur in Litauen ungleicher verteilt, Deutschland nimmt eine traurige Spitzenposition ein. Die reichsten 10% der Haushalte besitzen 60% des Gesamtvermögens. Nicht nur aus Aspekten der Verteilungsgerechtigkeit ist dies ein Problem. Viele Ökonom*innen gehen davon aus, dass eine zu starke Ungleichheit in einem Land das Wachstum bremst. Aber massive Ungleichheit hindert nicht nur Wachstum, sondern führt zu auch sozialen Spannungen. Eine starke, auf hohe Vermögen konzentrierte Steuer kann also einerseits dazu beitragen, den Umbau des Energiesystems zu finanzieren und andererseits helfen, die Ungleichheit zu verringern, zugunsten einer gerechten Gesellschaft mit wirklichen Aufstiegschancen.

Einen weiteren Beitrag müssen Multinationale Unternehmen leisten. Aktuell können diese, wenn sie in mehreren Ländern mit sehr unterschiedlichen Steuersystemen und -niveaus agieren, Gewinne und Verluste oftmals so beliebig hin und her schieben, dass sie an vielen Standorten nahezu keine Steuern zahlen müssen. Unternehmen wie Facebook und Starbucks sind dafür nur die Spitze des Eisbergs. Deshalb brauchen wir mehr Transparenz. Viele Steuervermeidungs- und Steuerhinterziehungspraktiken sind nur dann aufzudecken, wenn die Geschäftszahlen aller Teilgesellschaften eines Konzerns bekannt sind. Finanzbehörden müssen international kooperieren und Daten über Umsätze, Gewinne und Steuerleistungen etc. der einzelnen Standorte austauschen; sie müssen über genug personelle und materielle Kapazitäten verfügen, um die komplexen Geschäftsmodelle und Kennzahlen analysieren und bewerten zu können. Zur Aufarbeitung der illegalen Modelle müssen Schwerpunktstaatsanwaltschaften herangezogen werden und die Strafen für Steuerhinterziehung müssen so ausgestaltet sein, dass das Risiko ökonomisch uninteressant wird. Und wir brauchen mehr internationale Regelungen. Wenn Unternehmen multinational agieren, ist klar, dass auch Politik dies tun muss. Es muss im Grundsatz gelten, dass dort wo die Produktion stattfindet oder die Dienstleistung erbracht wird, darauf auch Steuern zu zahlen sind. Aggressiver Steuergestaltung, die beispielsweise durch künstlich festgelegte Verrechnungspreise und Lizenzgebühren und den bewussten Einsatz von Fremdfinanzierung Gewinne in Niedrigsteuerländer verschiebt, wollen wir einen Riegel vorschieben. Eine Digitalsteuer kann dabei ein Teil der Lösung sein. Kurz- und mittelfristig braucht es in der EU Abkommen zur Mindestbesteuerung von Unternehmen. Es sollte zudem geprüft werden, ob Unternehmen mit Standorten in mehreren EU-Staaten eine europäische Körperschaft als Dachgesellschaft bilden müssen. Langfristig wollen wir eine europäische Steuergesetzgebung. Für viele der jetzigen Steueroasen stellen diese Geschäftspraktiken einen nennenswerten volkswirtschaftlichen Faktor dar. Es müssen ihnen – bei gleichzeitiger Bekämpfung – andere Perspektiven aufgezeigt werden.

Schritt für Schritt zum Fortschritt

Ganz im Sinne der Doppelstrategie wollen wir diesem Konzept nicht nur Einfluss auf die Positionierung unserer Partei nehmen, sondern darüber auch in den Austausch mit anderen gesellschaftlichen Akteur*innen kommen. Insbesondere in den vom Wandel betroffenen Regionen, wo die Gräben zwischen manchen Gruppen in der “Kohle-Frage” unüberbrückbar scheinen, wollen wir unsere Ideen vorstellen. Es ist möglich, soziale und ökologische Aspekte zusammen zu denken und zusammen zu bringen. Dafür braucht es einen aktiven Staat, es braucht sozialistische Politik. Denn die sozial-ökologische Transformation ist das Projekt der nächsten Jahrzehnte, sie wird große Veränderungen mit sich bringen, die progressiv gestaltet werden müssen, damit sie für die Menschen nicht Sorgen bedeuten, sondern Fortschritt und Verbesserungen.

Änderungsanträge
Status Kürzel Zeile AntragstellerInnen Text PDF
Angenommen Ä3 zum INI1 2 UB Bonn

Füge ein in Zeile 2 neuer Satz, vor „Die Menschen“:

„Denn schon heute müssen Menschen flüchten, da sie ihrer Lebensgrundlagen beraubt
wurden, Tier- und Pflanzenarten sind massiv vom Aussterben bedroht oder bereits
verschwunden. Auf der ganzen Welt treten drastische Wetterphänomene in erhöhter
Häufigkeit auf. All dies ist in Deutschland bereits spürbar, jedoch trifft es andere Regionen
wie den Globalen Süden mit besonderer Härte. Die Wissenschaft prognostiziert ein düsteres
Bild, was die Zukunf betrifft, besonders wenn die Einhaltung des Klimaschutzabkommens
von Paris wie bisher durch die Politik nicht verfolgt wird.“

Angenommen Ä4 zum INI1 5 UB Bonn

Füge in Zeile 5, vor „Wir wollen“ ein:

„Für uns ist klar, dass wir handeln müssen und nicht auf internationale Bemühungen und Kompromisse
warten können, auch wenn diese weiterhin zur Lösung unabdingbar sind.“

Angenommen Ä5 zum INI1 5 UB Bonn

Füge in Zeile 5 nach „ein wirtschaftliches“ ein:

„und ökologisches“

Mit Änderungen angenommen Ä7 zum INI1 12 Region Ostwestfalen-Lippe Ergänze Z. 12 nach “worden ist.“: “Deshalb ist es uns wichtig, dass Klimapolitik nicht ausgenutzt wird, um den Spaltkeil noch tiefer in die Gesellschaft zu treiben. Wir sehen Klimapolitik deshalb in erster Linie als Umverteilungs- und nicht als Verbotspolitik.“
Mit Änderungen angenommen Ä8 zum INI1 29 Region Ostwestfalen-Lippe

Streiche Z. 29 “zweiten“

Angenommen Ä1 zum INI1 37 UB Münster

Z. 37 ersetze „ist ein schnellerer Kohleausstieg möglich“ durch „dann unterstützen wir einen schnelleren Kohleausstieg bis 2030“

Angenommen Ä2 zum INI1 97 UB Wuppertal, UB Düsseldorf, UB Remscheid, UB Solingen

Einfügen Z. 97:

Gemeinsam mit unseren europäischen und weltweiten Schwesterparteien setzen wir uns angesichts internationaler Produktionsketten auch für grenzübergreifende Mitbestimmung ein und unterstützen die Bildung gemeinsamer europäischer Gewerkschaften und den Ausbau der International Labour Organisation.

Angenommen Ä9 zum INI1 119 Region Ostwestfalen-Lippe

Ergänze Z. 119 nach “voranzubringen“: “Die Festlegung immer weitergehender Abstandsregeln ist dagegen kontraproduktiv.“

Angenommen Ä10 zum INI1 263 Region Ostwestfalen-Lippe

Ergänze Z. 263 vor “im Rheinischen Revier“: “nicht nur“

Angenommen Ä11 zum INI1 270 Region Ostwestfalen-Lippe

Ersetze Z. 270 “aktive Eingriffe in unsere Industrie“ durch “eine aktive Industriepolitik“

Abgelehnt Ä12 zum INI1 271 Region Ostwestfalen-Lippe

Ersetze Z. 271 “zulässig ist“ durch “gefördert werden soll“

Angenommen Ä13 zum INI1 272 Region Ostwestfalen-Lippe

Streiche Z. 272 “im Rheinischen Revier (und darüber hinaus)“

Angenommen Ä14 zum INI1 301 Region Ostwestfalen-Lippe

Ergänze Z 301 nach “Vermögenssteuer,“: “Einkommenssteuer,“

Angenommen Ä6 zum INI1 342 UB Bonn

Füge in Z. 342 nach „Verbesserungen“ ein:

„egal ob national oder global.“

Text des Beschlusses:

Am 20. September 2019 waren in Deutschland über eine Millionen Menschen auf der Straße, um für den Klimaschutz und gegen die Ausbeutung unseres Planeten zu demonstrieren.Denn schon heute müssen Menschen flüchten, da sie ihrer Lebensgrundlagen beraubt wurden, Tier- und Pflanzenarten sind massiv vom Aussterben bedroht oder bereits verschwunden. Auf der ganzen Welt treten drastische Wetterphänomene in erhöhter Häufigkeit auf. All dies ist in Deutschland bereits spürbar, jedoch trifft es andere Regionen wie den Globalen Süden mit besonderer Härte. Die Wissenschaft prognostiziert ein düsteres Bild, was die Zukunft betrifft, besonders wenn die Einhaltung des Klimaschutzabkommens von Paris wie bisher durch die Politik nicht verfolgt wird. Die Menschen haben angesichts dessen einen großen Wurf beim Klimaschutz erwartet. Die Große Koalition hat wieder einmal bewiesen, dass sie höchstens den Minimalkonsens liefern kann. Die CDU beweist wieder einmal, dass sie ein Bremsklotz jeder progressiven Politik ist. Für uns ist klar, dass wir handeln müssen und nicht auf internationale Bemühungen und Kompromisse warten können, auch wenn diese weiterhin zur Lösung unabdingbar sind. Wir wollen ein wirtschaftliches und ökologisches Gegenkonzept zum neoliberalen Status Quo, ein Gegenkonzept zur Ausbeutung von Arbeitskraft, zur Ausbeutung von Menschen und zur Verschwendung natürlicher Ressourcen. Für uns ist es nie ein Entweder-Oder zwischen Arbeitsplätzen und Umweltschutz. Wir stehen für einen sozialverträglichen Ausstieg aus fossilen Energieträgern bei gleichzeitigen Infrastrukturmaßnahmen und -investitionen in den betroffenen Regionen. Und wir kämpfen für gute, tarifgebundene und von Mitbestimmung geprägte neue Arbeitsplätze. Nur so kann Strukturwandel gelingen und nur so fahren wir das Rheinische Revier und die anderen Braunkohle-Reviere nicht vor die Wand und können vielleicht einiges im Ruhrgebiet wieder geraderücken, was dort verpasst worden ist. Deshalb ist es uns wichtig, dass die Art, wie über Klimaschutzpolitik diskutiert wird, nicht Menschen gegeneinander treibt. Wir sehen Klimapolitik deswegen in erster Linie als Umverteilungspolitik.

Das sagen wir zur Energiewende

Die Energiewende wird in der öffentlichen Debatte leider zu oft verkürzt auf eine Frage der Kraftwerke, auf “Kohle – ja oder nein?”. Für uns ist dabei klar: Die Energieversorgung der Zukunft ist weder fossil noch atomar. Wir wollen den Ausstieg aus Kohle und Atom. Die Frage nach dem Datum des Kohleausstiegs ist dabei sowohl in der Gesellschaft als auch in unserem Verband hoch umstritten. Der Kompromiss der Kommission “Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung” (Kohle-Kommission), der schrittweise Ausstieg aus der Förderung von Braunkohle und Verstromung von Braun- und Steinkohle bis zum Zeitkorridor 2035 bis 2038 ist mutlos, ideenlos und das Ergebnis eines mangelnden Investitionswillens und kapitalistischer Unternehmensinteressen. Auf Seiten der Beschäftigten vor Ort und anderer lokaler Akteur*innen herrscht große Unsicherheit, denn am Ruhrgebiet wird deutlich, welche Folgen ein gescheiterter Strukturwandel hat. Doch aufgrund der breiten Beteiligung der unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteur*innen in der Kommission – Arbeitgeber*innen, Industrie, Gewerkschaften, Politik, die Kirchen, Umweltverbände und Bürger*innen aus den betroffenen Revieren – kann der Kompromiss nicht einfach beiseite gewischt werden. Wir müssen alles dafür tun, dass die Energiewende sozial und schnell geschieht. Dazu müssen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden:

  • Ein wirklich tragfähiges Konzept für die betroffenen Regionen zur Umstrukturierung der Wirtschaft. Wir können uns keinen weiteren gescheiterten Strukturwandel leisten. Eine Deindustrialisierung muss dabei verhindert werden.
  • Die Demokratisierung der Wirtschaft: Solange kapitalistische Interessen Vorrang vor dem Gemeinwohl haben, kann es keine nachhaltige, soziale und ökologische Transformation geben.
  • Massive Investitionen in den Umbau der Energieversorgung und Infrastruktur. Die Kosten müssen von denen getragen werden, die viel haben und geben können. Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen und ohne nennenswerte Vermögen müssen entlastet werden.

Wenn diese Bedingungen nicht nur politische Lippenbekenntnisse sind, sondern mit konkreten Plänen und Maßnahmen unterlegt werden, dann unterstützen wir einen schnelleren Kohleausstieg bis 2030. Wichtige Meilensteine auf dem Weg dahin sind die Ausgestaltung und Verabschiedung der institutionellen Verankerung des Ausstiegs in Form eines Gesetzespakets im Bundestag und die Überprüfungszeitpunkte 2023, 2026 und 2029, bei denen eine Revision der Maßnahmen stattfinden wird und nachgesteuert werden kann. Wir können keine einfachen Antworten geben – wir wollen Perspektiven aufzeigen.

Sozialistischer Umbau des Unterbaus

An folgenden Problemen und Widersprüchen in der Wirtschaft ändert sie jedoch nichts: Ausbeutung der Menschen, ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen, Schere zwischen Arm und Reich, Streben der Unternehmen nach Profit, fehlende Investitionen, ungleiche Verteilung von Gewinnen, zunehmende Privatisierung vor allem im öffentlichen Raum, fehlende Mitbestimmung insbesondere bei unternehmerischen Fragen in Betrieben. Eine wirklich ökologische Wirtschaft kann es im Kapitalismus nicht geben, denn dieser ist immer an höchstmöglichen Profiten interessiert.

Demokratisierung der Wirtschaft

Bei der Demokratisierung von Unternehmen stellt sich für uns zwangsläufig die Frage des Privateigentums und der Enteignung. Wenn wir davon sprechen, dass wir Privateigentum enteignen wollen, meinen wir damit nicht die Zahnbürste und den Thermomix zuhause. Die möchten wir niemandem wegnehmen. Stattdessen fordern wir, dass Privatpersonen nur dann Eigentum an etwas haben dürfen, wenn der Besitz dieser niemandem sonst Schaden zufügt. Wenn Einzelpersonen Unternehmen besitzen, können sie die Beschäftigten ausbeuten und den erwirtschafteten Profit alleine behalten. Gehört ein Unternehmen allen dort Arbeitenden gemeinsam, können sie auch gemeinsam alle unternehmerischen Entscheidungen treffen. Eine Unternehmensform, die eine solche Mitbestimmung in den Betrieben zumindest zum Teil durchsetzt sind Genoss*innenschaften. Deshalb wollen wir diese Unternehmensform fördern. Außerdem sollen öffentliche Aufträge unter anderem nach dem Kriterium der Mitbestimmung in den Betrieben vergeben werden. Langfristig streben wir an, dass alle Beschäftigten eines Unternehmens die unternehmerischen Entscheidungen für das Unternehmen gemeinschaftlich treffen. Wird ein neues Unternehmen gegründet, muss es diese Beteiligung aller Beschäftigten umsetzen, zum Beispiel in Form einer Genoss*innenschaft, bei der alle Beschäftigten Mitglieder sind. Solange Unternehmen nicht nach diesen Regeln funktionieren, muss die Forderung weiterhin lauten, dass die betriebliche Mitbestimmung um die unternehmerische Mitbestimmung erweitert werden muss.

Wir beobachten, dass es seit mehreren Jahrzehnten Entwicklungen dahin gibt, dass Unternehmen ihre Beschäftigten indirekt steuern, ihnen also keine direkten Anweisungen für das Erledigen ihrer Arbeitsschritte geben, sondern sie ihre Arbeit selbst organisieren lassen. Sie geben ihnen lediglich die Rahmenbedingungen vor, bspw. Zeitrahmen, Budget, Kennziffern usw. Die Unternehmen machen das, weil sie bemerkt haben, dass diese Art des Produzierens die Produktivste ist und am meisten Gewinn erwirtschaftet. Momentan führt diese Art zu arbeiten zu Druck unter den Beschäftigten, Überlastung und oft auch zu Burnout. Allerdings lässt sich darin auch ein Potential beobachten: Die Beschäftigten haben ihre Produktivkraft so weiterentwickelt, dass sie fähig sind, ihre Arbeit alleine zu organisieren, ohne auf eine*n Chef*in angewiesen zu sein. Die Beschäftigten setzen sich aber nicht nur mit ihrer Arbeit auseinander und wie sie am produktivsten für das Unternehmen arbeiten können, sondern zunehmend auch damit, ob ihre Arbeit und die Produktion gesellschaftlich sinnvoll ist. In einem Technikkonzern beispielsweise hat ein Team von Beschäftigten den Auftrag bekommen, eine Drohne zu entwickeln, die möglichst gezielt Menschen abschießen kann. Sie haben sich geweigert, diese Technologie zu entwickeln, weil sie es moralisch ablehnen, Menschen zu töten. Die Unternehmensleitung konnte den Auftrag nicht selbst erfüllen, da ihnen das benötigte technische Know-How fehlte. Dieses besitzen nur die Beschäftigten beziehungsweise die Arbeitskraft. Das Unternehmen verlor dadurch viel Geld. Eine andere Gruppe von Beschäftigten hatte Ideen dafür, einen emissionsarmen Motor zu bauen. Der Autohersteller lehnte ab – wegen zu hoher Produktionskosten. Wir sehen also, dass Beschäftigte auch andere Faktoren in ihre Arbeit miteinbeziehen als die der Profitmaximierung.  Deshalb fordern wir: Beschäftigte müssen Unternehmen selbst besitzen, damit sie demokratisch über die Organisation und Produktion entscheiden können. Durch demokratische Betriebsorganisation können ökologische Faktoren und Geschlechtergerechtigkeit auch unabhängig von Profitmaximierung durch die Beschäftigten berücksichtigt werden.

Um den Beschäftigten die Möglichkeit zu geben selbst zu bestimmen, was sie wie produzieren müssen wir die Betriebe demokratisieren und die Möglichkeit zur Einbeziehung sozialer, feministischer und ökologischer Interessen in die Produktion sein.

Um die betriebliche auf unternehmerische Mitbestimmung auszuweiten, wollen wir die Mitbestimmungsrechte in §87BetrVG um die Mitbestimmung in wirtschaftlichen Fragen ausweiten. Wirtschaftsausschüsse sollen aufgewertet werden, indem ihnen nicht mehr nur ein Beratungs-, sondern auf ein Mitbestimmungsrecht zukommt.

Feminismus ist für uns ein Kampf, den wir in allen Lebensbereichen kämpfen, deshalb wollen wir erreichen, dass es in allen Betrieben gewählte Gleichstellungsbeauftragte beziehungsweise Gleichstellungsausschüsse gibt.

Unser Ziel ist die Demokratisierung aller Unternehmen; um dieses Ziel über die betriebliche Mitbestimmung zu erreichen ist es notwendig, dass es in allen Betrieben Betriebsräte gibt. Gemeinsam mit unseren europäischen und weltweiten Schwesterparteien setzen wir uns angesichts internationaler Produktionsketten auch für grenzübergreifende Mitbestimmung ein und unterstützen die Bildung gemeinsamer europäischer Gewerkschaften und den Ausbau der International Labour Organisation.

Ökologischer Umbau

Jahrzehntelang wurde das Energiesystem in drei weitestgehend voneinander getrennte Sektoren konzipiert: Strom, Wärme, Mobilität. Die einzelnen Energieträger, die Energieproduktion und -verteilung der Sektoren operierten relativ unabhängig von den jeweils anderen. Dies wird in Zukunft nicht mehr möglich sein und stellt einen Paradigmenwechsel und eine Herausforderung dar.

Energie und Speicher

Der Energiemix und die Energiewende müssen europäisch gedacht werden. Die Vernetzung und Einbeziehung der Nachbarländer ist nicht nur eine politische, sondern auch eine logische Notwendigkeit. So divers wie ein Energiemix aussehen muss, der ohne fossile Energieträger auskommt, in dem Wind, Wasser, Sonne, Biogas und viele mehr einen Teil stellen müssen, so divers muss auch der Mix an Speichertechnologien sein. Systeme, die nur auf eine Technologie setzen, sind störungsanfälliger und lassen außen vor, dass sich die unterschiedlichen Vorteile der einzelnen Speicher ergänzen und die jeweiligen Nachteile ausgleichen können. Wo fossile Kraftwerke weitestgehend standortunabhängig realisiert werden können, ist dies bei Erneuerbaren und einigen Speichertypen komplett anders. Natürliche Gegebenheiten wie Stauseen und Flüsse zur Gewinnung von Wasserkraft, sonnenreichere Regionen für Solar und Photovoltaik (PV) und windreichere Regionen für Onshore und Offshore geben quasi geographisch vor, an welchen Standorten welche Anlagen am effektivsten sind. Deshalb muss auf eine größere Steuerung geachtet werden. Es ist nicht länger legitim, wenn sich einzelne Regionen beispielsweise dem Ausbau von Windkraftanlagen versperren. Ein wichtiger Punkt muss deshalb, sowohl beim Anlagen- als auch beim Netzausbau sein, dass berechtigte Bürger*innenproteste konstruktiv in die Prozesse einfließen können, aber unberechtigte Proteste (nach dem Prinzip: Nicht hinter meinem Haus) nicht auf Jahre Vorhaben ausbremsen. Eine bessere Förderung von staatlicher Seite für Windenergieanlagen ist dabei unabdingbar, um den stockenden Ausbau wieder voranzubringen. Die Festlegung immer weitergehender Abstandsregeln ist dagegen kontraproduktiv. Außerdem müssen Anreize gesetzt werden, damit wieder mehr Unternehmen, die sich auf erneuerbare Energien spezialisieren, sich in Deutschland und Europa ansiedeln und Europa somit den weiteren Anschluss auf internationaler Ebene nicht verpasst.

Denn besonders bei dem Punkt von Produktion und Verteilung von Strom wird es einen weiteren Paradigmenwechsel geben. Das bisherige Energiesystem war auf wenige Großkraftwerke ausgerichtet, von denen aus Strom dann auch in durchaus weiter entfernte Gebiete transportiert worden ist. Über je weitere Strecken Strom geleitet wird, desto höher sind die Energieverluste. Bei Windkraft- und Solar-/PV-Anlagen besteht nicht die Notwendigkeit einer zentralisierten Aufstellung; es ist auch gar nicht in selben Maße möglich, da in Relation zur Kapazität von Anlagen, die mit fossilen oder atomaren Energieträgern arbeiten, mehr Fläche benötigt wird. Die regenerativen Anlagetypen können ohne unverhältnismäßigen Kostenaufwand dezentral organisiert werden. So muss zum Beispiel stärker fokussiert werden, mehr Gebäude mit Solar-/ und PV-Anlagen auszustatten und dies bei Neubauten auch von Anfang an in die Planungen einzubeziehen, um daraus einen neuen Standard zu entwickeln. Dadurch ergeben sich Effizienzgewinne. Analog dazu muss das System der Energiespeicher konzipiert werden. Diese werden in Zeiten von Überkapazitäten geladen und in Zeiten von Unterkapazitäten entladen. Inwiefern ein dezentrales, subsidiär arbeitendes System effizienter ist als ein zentrales oder eine Mischform, muss im Hinblick auf die Möglichkeiten und vor allem den Willen zum Netzausbau und -umbau bewertet werden, da ein dezentrales System größere Veränderungen benötigt. Ein absolutes Novum würde dies aber nicht darstellen: So wie jedes Haus über eine eigene Warmwasseraufbereitung verfügt, ist auch die Ausstattung mit adäquaten Speichergeräten realistisch.

Die Strompreise für Haushalte in Deutschland gehören zu den höchsten in Europa. Dies liegt an marktwirtschaftlichen Mechanismen und den bisherigen Steuer- und Abgabenregelungen, die im Zusammenhang mit dem Ausbau regenerativer Energien steht. Diese sind in den vergangenen 20 Jahren so stark angestiegen, dass es für Haushalte mit niedrigen Einkommen eine besondere Belastung darstellt. Denn von Windkraft- und Solar-/ Photovoltaik-Anlagen kann nur profitieren, wer Fläche und Kapital hat, um diese oder Anteile an bestehenden Anlagen zu erwerben. Daraus kann aber nicht folgen, dass der Ausbau der Erneuerbaren gestoppt werden muss, sondern dass die Kosten für den Umbau der Energieversorgung anders verteilt und kleine und mittlere Einkommen entlastet werden müssen. Insgesamt muss das Energiesystem, zugunsten von Preisstabilität und Versorgungssicherheit dem Spiel des freien Marktes entzogen werden. Das unbedingte Gewinnstreben und der Zwang zur Renditenerhöhung konterkarieren das Gemeinwohl. Zu diskutieren wären die angemessenen Maßnahmen, beispielsweise ob ein Renditendeckel zielführend ist und wie die Rolle der Stadtwerke in diesem System ist, da sie als kommunale Gesellschaften anders arbeiten können als Aktienunternehmen.

Wärme

Der Transformationsbedarf ist im Wärme-Sektor noch viel höher als im Strom-Sektor. Während letzterer einen Anteil an Erneuerbaren Energien von aktuell ca. 36 % an der Nettostromerzeugung verzeichnet, liegt dieser Wert im Bereich Wärme bei gerade einmal 15 %. Einen Beitrag zur Umstrukturierung kann die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) liefern. Abwärme, die bei der Produktion elektrischen Stroms entsteht, kann als Nah-, Fern oder Prozesswärme genutzt werden. Die Dezentralisierung kann auch hier mittels einzelner Blockheizkraftwerke in Wohngebieten geschehen. Eine weitere Stellschraube liegt in Wärmenetzen. Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE verweist darauf, dass sich durch die leitungsgebundene Wärmeverteilung eine höhere Flexibilität erreichen lässt, die bei der Kopplung mit regenerativen Kraftwerken notwendig ist, um eine effiziente und gleichzeitig versorgungssichere Energiebereitstellung zu realisieren.

In den vergangenen Jahren sind besonders im Bereich von Braun- und Steinkohlekraftwerken KWKen errichtet worden, womit viele Haushalte mittels Fernwärmeleitungen mit Wärme versorgt werden. Dies ist besonders relevant, wenn über die Abschaltung der entsprechenden Kraftwerke gesprochen wird. Die Fernwärmeleitungen müssen substituiert werden und dies kann im Sinne einer ökologischen Transformation natürlich nicht durch einen Ersatz mittels einer Beheizung durch Erdgas geschehen und stellt deshalb eine besondere Herausforderung dar. Bei allen Kraftwerken, die bislang mit fossilen Brennstoffen betrieben wurden, sollte geprüft werden, inwiefern die vorhandene Infrastruktur genutzt und diese auf regenerative Brennstoffe umgestellt werden können, wie beispielsweise Gas-und-Dampf-Anlagen.

Mobilität

Mobilität ist ein Grundrecht aller Menschen. Um an einer modernen Gesellschaft überhaupt teilhaben zu können, muss jede und jeder in der Lage sein ohne Probleme von A nach B zu kommen. Ziel ist es weiterhin, den Verkehr von der Straße und aus der Luft auf die Schiene zu bringen. Dazu bedarf es eines gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Wir haben aktuell weder quantitativ noch qualitativ einen befriedigenden Status erreicht. Es gibt erhebliche Ausbaubedarfe in den Städten und im ländlichen Raum. Innovative Verkehrskonzepte, wie zum Beispiel die Nutzung von Seilbahnen oder fahrer*innenlosem ÖPNV müssen dafür stärker in Betracht gezogen werden, um sowohl viel genutzte Strecken zu entlasten als auch Gebiete zu erschließen, die schlecht angebunden sind. Je mehr Menschen den ÖPNV nutzen, desto besser ist dies in ökologischer Hinsicht. In ländlichen Regionen wird jedoch auf absehbare Zeit der motorisierte Individualverkehr nicht ersetzbar sein. Deshalb muss dieser von fossilen Antrieben hin zu Elektro und power-to-x, ganz im Sinne der Sektorenkopplung umgestellt werden. Zu Lithium-Ionen-Akkus allerdings brauchen wir langfristig Alternativen.

Des Weiteren halten wir an dem Ziel eines fahrscheinlosen und für alle kostenlosen ÖPNVs fest. Mobilität hört aber nicht an der Stadt- oder der Verkehrsverbundsgrenze auf. Es bedarf auch einer genauen Betrachtung des Fernverkehrs. Wir kritisieren die Unverhältnismäßigkeit der Preise von öffentlich gefördertem Bahnverkehr und privat finanzierten Fernbussen. Reisen mit dem Fernverkehr müssen für alle bezahlbar sein. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die beschlossene Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets.

Ferner soll es einen Fokus auf die Nutzung von Fahrrädern geben, dies beinhaltet auch eine Anpassung der Schnittstellen zum ÖPNV. Ein zentrales Ziel ist also, die Verkehrswege auf die Mobilitätsbedürfnisse der Zukunft einzustellen (ob beim Schienennetz oder Fahrradstraßennetz).

Neben der Personenbeförderung spielt auch der Gütertransport eine entscheidende Rolle. Wir wollen nicht, dass immer weitere Autobahnen unsere Umwelt zerstören, sondern fordern einen Ausbau vor allem der Schiene und der Binnenschifffahrt.

Forschung und Innovation

Eine wichtige Rolle in all dem spielt die Forschung. Neben dem Bau neuer Anlagen und von Infrastruktur wird die Entwicklung und Weiterentwicklung neuer Technologien entscheidend beim Umbau des Energiesystems sein. In nahezu allen Bereichen sind Effizienzsteigerungen nötig. Dies kann nur durch wissenschaftliche Arbeit ermöglicht werden. Der Staat muss auch hier aktiv sein. Nicht in dem Sinne, dass in die Wissenschaft eingegriffen wird, sondern dass ausreichend Mittel bereitgestellt werden. Ein Teil sollte dabei in die Erforschung konkreter Technologien fließen. Ein anderer Teil sollte aber auch die Grundlagenforschung unterstützen. Bei dieser ist ein konkreter Nutzen zwar nicht immer absehbar, er wird sich aber in vielen Fällen nach einiger Zeit ergeben. Personen, die statt staatlich unterstützter Forschung die Innovationskraft des freien Marktes preisen sei gesagt: Im weltweit bekanntesten Smartphone ist nicht ein einziges Stück Technik verbaut, dass nicht entweder aus staatlich subventionierter Forschung oder direkt aus staatlichen Forschungsprogrammen heraus entstanden ist. Um Innovation besser zu fördern wollen wir, dass der Staat Start-Ups stärker als bisher mit Wagniskapital unterstützt. Allerdings darf der Staat hierbei nicht nur einseitig an Verlusten beteiligt werden, sondern sollte im Erfolgsfall auch an Gewinnen beteiligt werden.

Ressourcen und Kreislaufwirtschaft

Am 3. Mai 2019 hat Deutschland alle nachwachsenden Ressourcen verbraucht, die für dieses Jahr zur Verfügung standen. Deutschland wirtschaftet nicht ansatzweise nachhaltig und ressourcenschonend; in den anderen westeuropäischen Staaten sieht es nicht anders aus. Stattdessen beobachten wir, dass in Wien täglich so viel Brot weggeschmissen wird, wie in Graz gegessen wird; dass jährlich 230.000 Rinder für den deutschen Müll geschlachtet werden; dass Flüsse in der Provence austrocknen, weil das Wasser für die Landwirtschaft genutzt wird. Wer ein Interesse daran hat, dass die Menschheit auch in mehreren Jahren noch natürliche Ressourcen nutzen kann, muss sich mit alternativen Formen des Wirtschaftens beschäftigen. Eine davon ist die Kreislaufwirtschaft. Sie sieht vor, dass Produkte so designt und konzipiert werden, dass bei ihrer Produktion minimal Müll anfällt und dass, wenn sie kaputt gehen sollten, die defekten Teile ausgewechselt, recycelt und wiederverwendet werden können. Dadurch soll ein Ressourcenkreislauf entstehen. Alle Rohstoffe, die diesen Kreislauf einmal betreten, sollen möglichst lange, wenn nicht gar für immer, darin verbleiben. Die Kreislaufwirtschaft setzt darauf, dass Produkte möglichst lange genutzt werden können und keine Mechanismen eingebaut werden dürfen, die technische Geräte absichtlich langsamer werden lassen bzw. ihre Lebensdauer verkürzen. Diese Art zu wirtschaften ist ressourcenschonend und umweltfreundlich und daher sinnvoll. In einer sozialistischen Wirtschaft muss ökologisch gewirtschaftet werden; dafür ist die Kreislaufwirtschaft eine gute Möglichkeit. Die Kreislaufwirtschaft kann als ein Aspekt einer veränderten Wirtschaftsweise verstanden werden kann, als ein Schritt in die richtige Richtung, der aber nicht ausreicht, um alle Probleme zu lösen. Dafür braucht es nach wie vor eine durch die Beschäftigten demokratisch organisierte und damit sozialistische Wirtschaft.

Woanders ist auch scheiße

Der Umbau des Energiesystems wird umfassende Baumaßnahmen, die Errichtung neuer Anlagen zur Produktion, Verteilung und Speicherung von Energie und die Veränderung der Infrastruktur benötigen und damit ebenfalls einen sehr hohen Arbeitsbedarf erfordern. Wenn also einerseits ein riesiger Bedarf an Arbeitskraft besteht und bestehen wird, der vor allem von Menschen geleistet werden wird und es andererseits Regionen gibt, in denen alte Wirtschaftszweige auslaufen und nicht weiter bestehen können müssen diese beiden Seiten zusammengebracht werden. Konkret heißt das: Bei allem, was für die Transformation produziert, installiert und gebaut werden muss, sind die zu beauftragenden Unternehmen priorisiert in den ehemaligen Braun- und Steinkohlerevieren anzusiedeln oder Unternehmen den Vorzug zu geben, die bereits in der Region verortet sind und gute tarifliche Arbeitsbedingungen bieten. Außerdem wollen wir für die Dauer des Transformationsprozesses die Vergaberichtlinien für öffentliche Aufträge ändern. In den (ehemaligen) Revieren sollen nach Vorbild des Preston Modells der Labour Party Aufträge nicht mehr nur nach dem Kriterium der Wirtschaftlichkeit vergeben werden, sondern vor allem nach dem Nutzen für die regionale Wirtschaft. Die potentielle Arbeitskraft muss als Standortvorteil genutzt werden. Für Speichertechnologien mit hoher Arbeitsintensität (zum Beispiel für Betrieb und Wartung), die bei gleicher Effizienz an verschiedenen Standorten gleichsam eingesetzt werden könnten, sollte ebenfalls das Arbeitskräftepotential ein Entscheidungskriterium darstellen. Grundsätzlich sollten vor Ort ansässige Unternehmen und kommunale Entscheidungsgremien in die neue Gestaltung der entstehenden Brachflächen eingebunden werden. Auch mögliche Forschung zu Speichertechnologien und Energie- und Klimaforschung sollte vor Ort angesiedelt oder Aufträge an bereits bestehende Forschungseinrichtungen vergeben werden, um den lokalen Arbeitsmarkt zu stärken und die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass neu entstehende Arbeitsplätze nicht nur im rein akademischen Bereich liegen, sodass das Arbeitskräftepotential aus den Bergbauunternehmen genutzt werden kann. In den Regionen, in denen der Braunkohlebergbau jetzt eingestellt wird, müssen nicht nur neue Arbeitsplätze entstehen, sondern auch Investitionen in Wohnen, Infrastruktur und Bildung fließen – vom KiTa-Platz bis zu Hochschule. Denn Investitionen in Neugründungen von Universitäten und Hochschulen sind ein Baustein von Bedeutung, da sie zur Innovation beitragen und junge Menschen in die Region holen. Diese bringen innovative Projekte voran, die sich direkt vor Ort ansiedeln können und somit Regionen beleben.

An den (ehemaligen) Bergbaustandorten sollte auch eine örtliche Nachnutzung im Fokus stehen, damit keine großen Brachflächen entstehen. Neben der Renaturierung, die vor allem in Braunkohlerevieren eine Rolle spielt, sollte die vorhandene Infrastruktur für jedwede energetische Weiternutzung genutzt werden, um ressourcenschonend zu arbeiten. Hierbei sind vor allem Speichertechnologien wie power-to-x oder Pumpspeicherwerke zu fördern, wenn sie die bestehende Infrastruktur des Bergbaus weiterhin nutzbar machen können. Außerdem sollten die neu entstehenden Flächen auch kommunaler Nutzung zugeführt werden können, wenn die Flächen etwa infrastrukturell so gut angebunden sind, dass sich Wohnungsbau hier eignet, um dem immer knapper werdenden sozialen Wohnungsbau entgegentreten zu können.

Industrie

Der notwendige Strukturwandel stellt die Industrie nicht nur im Rheinischen Revier vor eine enorme Herausforderung. Doch Transformationsprozesse können und sollen in erster Linie auch als Chance gesehen werden. Wenn es uns gelingt, mit industriepolitischen Eingriffen Strukturbrüche zu vermeiden, schaffen wir soziale Sicherheit für die Beschäftigten in der Region.

Doch was bedeutet Industriepolitik überhaupt? Während Konservative und Neoliberale sich auf allgemeine Förderungen beschränken und darauf hoffen, dass der Markt es schon regeln werde, fordern wir Jusos gezieltere Maßnahmen. Industriepolitik muss für uns strategisch, innovativ und vorausschauend sein. Um den Strukturwandel zu meistern, brauchen wir eine aktive Industriepolitik. Der Staat soll Motor für Innovation sein. Doch gleichzeitig ist der Staat auch dafür zuständig, welche Art von Innovation zulässig ist. Wollen wir die Wirtschaft wirklich umbauen, müssen wir Segmente definieren, die der Staat gezielt fördern soll. Und gleichzeitig müssen wir bestimmte Arbeitnehmer*innen-, sowie Umwelt- und Nachhaltigkeitsstandards als Bedingungen formulieren damit eine sozial-ökologische Transformation gelingen kann. Dazu braucht es allerdings eine enge Abstimmung zwischen betroffenen Kommunen, Land und Bund und Gewerkschafte.

Der Staat kann und soll den Strukturwandel aktiv lenken und gestalten, um gute Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. So können wir beweisen, dass Energiewende und Industrie keine Widersprüche sind.

Wo kommt die Kohle her?

Die Perspektiven, die wir für die soziale und ökologische Transformation aufzeigen bedeuten zweifelsohne einen riesigen Investitionsbedarf. Die Frage danach, wie all das finanziert werden soll, kann zumindest in negativer Weise sehr kurz beantwortet werden: Die Hauptlast darf nicht bei Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen liegen. Und das ist auch gar nicht notwendig, denn es gibt viele, mehr als gut situierte natürliche und juristische Personen, welche problemlos mehr finanzielle Verantwortung tragen können, ohne dadurch in Bedrängnis zu geraten.

Dafür brauchen wir auch im haushaltspolitischen Bereich eine Wende. Schuldenbremse und schwarze Null sind Ausdruck der Aufgabe eines politischen Gestaltungsanspruchs. Der konservative, zunächst moralisch vorgebrachte Verweis auf künftige Generationen für die Begründung einer schwarzen Null muss als das enttarnt werden, was es ist: Neoliberale Verteilungsinteressen in der Gegenwart. Und jetzt, da sich die Bundesrepublik für historisch niedrige Zinsen refinanzieren könnte, wird die absurde Tragik der Schuldenbremse besonders deutlich. Die Politik muss das buchstäblich geschenkte Geld auf der Straße liegen lassen, während die öffentliche Infrastruktur verfällt und in Zukunft mit hohen Folgekosten zu Buche schlägt. Aber auch ohne die politisch falsche Entscheidung der Schuldenbremse zurückzunehmen, stehen uns immerhin 0,35% des BIP, also ca. 11,7 Milliarden Euro pro Jahr für Investitionen zur Verfügung. Aber selbst dieser Spielraum wird zugunsten der schwarzen Null nicht ausgenutzt und das, obwohl es noch nie so günstig für den deutschen Staat war, sich Geld zu leihen. Die Einhaltung der Schuldenbremse führt dazu, dass Investitionen die ersten Ausgaben sind, die gekürzt werden.

Wer eine gute Zukunft will, muss schon heute etwas dafür bezahlen. Damit der Staat die Voraussetzungen für eine gute Zukunft gestalten kann, muss er mit den nötigen finanziellen Mitteln und Möglichkeiten ausgestattet sein. Die staatlichen Einnahmen müssen durch eine verantwortungsvolle und gerechte Steuerpolitik (Vermögenssteuer, Einkommenssteuer, Erbschaftssteuer, Finanztransaktionssteuer, Körperschaftssteuer, Kapitalertragssteuer) erhöht werden. Darüber hinaus fordern wir die Rücknahme der Schuldenbremse. Diskutiert werden sollte auch die Bildung eines Staatsfonds. Kurzfristig soll der gesamte Spielraum der aktuellen Gesetzeslage für Zukunftsinvestitionen ausgenutzt werden.

Besonderer Handlungsbedarf besteht in Deutschland bei den Vermögen. In der Eurozone sind diese nur in Litauen ungleicher verteilt, Deutschland nimmt eine traurige Spitzenposition ein. Die reichsten 10% der Haushalte besitzen 60% des Gesamtvermögens. Nicht nur aus Aspekten der Verteilungsgerechtigkeit ist dies ein Problem. Viele Ökonom*innen gehen davon aus, dass eine zu starke Ungleichheit in einem Land das Wachstum bremst. Aber massive Ungleichheit hindert nicht nur Wachstum, sondern führt zu auch sozialen Spannungen. Eine starke, auf hohe Vermögen konzentrierte Steuer kann also einerseits dazu beitragen, den Umbau des Energiesystems zu finanzieren und andererseits helfen, die Ungleichheit zu verringern, zugunsten einer gerechten Gesellschaft mit wirklichen Aufstiegschancen.

Einen weiteren Beitrag müssen Multinationale Unternehmen leisten. Aktuell können diese, wenn sie in mehreren Ländern mit sehr unterschiedlichen Steuersystemen und -niveaus agieren, Gewinne und Verluste oftmals so beliebig hin und her schieben, dass sie an vielen Standorten nahezu keine Steuern zahlen müssen. Unternehmen wie Facebook und Starbucks sind dafür nur die Spitze des Eisbergs. Deshalb brauchen wir mehr Transparenz. Viele Steuervermeidungs- und Steuerhinterziehungspraktiken sind nur dann aufzudecken, wenn die Geschäftszahlen aller Teilgesellschaften eines Konzerns bekannt sind. Finanzbehörden müssen international kooperieren und Daten über Umsätze, Gewinne und Steuerleistungen etc. der einzelnen Standorte austauschen; sie müssen über genug personelle und materielle Kapazitäten verfügen, um die komplexen Geschäftsmodelle und Kennzahlen analysieren und bewerten zu können. Zur Aufarbeitung der illegalen Modelle müssen Schwerpunktstaatsanwaltschaften herangezogen werden und die Strafen für Steuerhinterziehung müssen so ausgestaltet sein, dass das Risiko ökonomisch uninteressant wird. Und wir brauchen mehr internationale Regelungen. Wenn Unternehmen multinational agieren, ist klar, dass auch Politik dies tun muss. Es muss im Grundsatz gelten, dass dort wo die Produktion stattfindet oder die Dienstleistung erbracht wird, darauf auch Steuern zu zahlen sind. Aggressiver Steuergestaltung, die beispielsweise durch künstlich festgelegte Verrechnungspreise und Lizenzgebühren und den bewussten Einsatz von Fremdfinanzierung Gewinne in Niedrigsteuerländer verschiebt, wollen wir einen Riegel vorschieben. Eine Digitalsteuer kann dabei ein Teil der Lösung sein. Kurz- und mittelfristig braucht es in der EU Abkommen zur Mindestbesteuerung von Unternehmen. Es sollte zudem geprüft werden, ob Unternehmen mit Standorten in mehreren EU-Staaten eine europäische Körperschaft als Dachgesellschaft bilden müssen. Langfristig wollen wir eine europäische Steuergesetzgebung. Für viele der jetzigen Steueroasen stellen diese Geschäftspraktiken einen nennenswerten volkswirtschaftlichen Faktor dar. Es müssen ihnen – bei gleichzeitiger Bekämpfung – andere Perspektiven aufgezeigt werden.

Schritt für Schritt zum Fortschritt

Ganz im Sinne der Doppelstrategie wollen wir diesem Konzept nicht nur Einfluss auf die Positionierung unserer Partei nehmen, sondern darüber auch in den Austausch mit anderen gesellschaftlichen Akteur*innen kommen. Insbesondere in den vom Wandel betroffenen Regionen, wo die Gräben zwischen manchen Gruppen in der “Kohle-Frage” unüberbrückbar scheinen, wollen wir unsere Ideen vorstellen. Es ist möglich, soziale und ökologische Aspekte zusammen zu denken und zusammen zu bringen. Dafür braucht es einen aktiven Staat, es braucht sozialistische Politik. Denn die sozial-ökologische Transformation ist das Projekt der nächsten Jahrzehnte, sie wird große Veränderungen mit sich bringen, die progressiv gestaltet werden müssen, damit sie für die Menschen nicht Sorgen bedeuten, sondern Fortschritt und Verbesserungen, egal ob national oder global.

Beschluss-PDF:

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