I3 Radikalisierung durch Dark Social ernstnehmen und angehen

Status:
Mit Änderungen angenommen

Corona hat auf viele Probleme, die wir in der Gesellschaft und Deutschland haben, das Brennglas geworfen. Mittlerweile sind die Namen von besonders lauten Verschwörungserzählern (nein, hier muss nicht gegendert werden) deutschlandweit bekannt und sie scheinen gerade im Netz immer mehr Menschen von ihren kruden Ideen und ihrer rechten sowie menschenverachtenden Ideologie zu begeistern. Doch dies ist natürlich kein neues Problem, so war das Internet sehr schnell ein Ort, der rechte Menschen aus ganz Deutschland mühelos zusammenbringt – und vor allem eben radikalisiert. Unsere Aufgabe als antifaschistischer Verband ist es, diese Entwicklungen im Blick zu haben und politisch darauf zu reagieren.

Was ist Dark Social? 

Eine besondere Rolle bekommt immer mehr das „Dark Social“. Dabei handelt es sich um den Teil vom Internet, den wir alle täglich nutzen – Messengerdienste, Mails, bspw. geschlossene Facebook-Gruppen. Jene Teile, die nicht öffentlich oder nur teilöffentlich sind. Gerade Telegram hat in den letzten beiden Jahren eine enorme Bedeutung für die rechte Szene bekommen. Hier können ungefiltert und unmoderiert rechte Gedanken ausgetauscht werden. Durch die fehlende Einordnung, wie es etwa bei Facebook, Instagram oder YouTube allein durch die Anwesenheit von anderen Nutzer*innen teilweise geschieht, befeuern Telegram-Gruppe eine schnelle Radikalisierung. Ein hohes Identitätsgefühl durch die Gruppe, eine schnelle gefühlte persönliche Bindung zu den Hauptakteur*innen sowie den Anschein von Privatheit, stoßen Menschen immer mehr in ein rechtes Denken, wo rechte Behauptungen, Erzählungen etc. nicht mehr hinterfragt werden. Zudem kommt es zu Aufrufen, die verbale Gewalt im digitalen Bereich auch zu realer Gewalt auf der Straße umschlagen lassen. Dies alles gilt es dringend zu verhindern und zu bekämpfen.

Verantwortung von Sicherheitsbehörden

Um diese Entwicklungen im Blick zu haben, müssen die Sicherheitsbehörden diese auch endlich ernstnehmen. Rechte Strukturen ändern sich permanent und diese Veränderungen müssen auch von Sicherheitsbehörden begleitet werden, wenn Deutschland es ernstmeint mit dem Kampf gegen Rassismus und rechtes Gedankengut. Unser Bekenntnis als Jusos ist dabei ganz klar, dass dies aber niemals mit einer Einschränkung der allgemeinen Freiheitsrechte einhergehen darf. Sicherheitsbehörden dürfen nicht noch mehr und eigentlich keine Befugnisse auf Privatnachrichten erhalten, indem sie zum Bespiele Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen problemlos übergehen und knacken dürfen. Dies ist unter anderem auch gerade bei Telegram nicht notwendig, da die meisten Kanäle öffentlich zugänglich sind. Allerdings sind trotzdem Schritte von Seiten der Sicherheitsbehörden dringend notwendig. Zuerst muss das Problem erkannt und ernstgenommen werden. Es braucht mehr Investitionen in Ausbildung und Personal, um solche Entwicklungen im Blick zu haben und um eine Überwachung dieser Gruppen personell stemmen zu können. Zusätzlich braucht es auch mehr finanzielle Mittel für Forschung, um eine wissenschaftlich fundierte Arbeit zu ermöglichen. Und nicht zuletzt müssen Bedrohungen, die von Rechten aus dem Netz an Privatpersonen und für die Allgemeinheit ausgehen, von der Polizei konsequent verfolgt und nicht von jenen bagatellisiert werden. Nur wenn die Polizei ihre Verantwortung wahrnimmt, können die Täter*innen endlich auch Konsequenzen spüren für ihr menschenverachtendes und bedrohendes Verhalten online.

Verantwortung von Social-Media-Konzernen und Messengerdiensten

Doch die Verantwortung geht nicht allein von Sicherheitsbehörden aus. Auch die Social-Media-Konzerne und Messengerdienste müssen sich ihrem Beitrag bewusstwerden und sich zuallererst vor allem an geltende Gesetze halten. Dafür ist es von wichtiger Bedeutung, dass es auf europäischer Ebene endlich einheitliche Regelungen gibt, die Konzerne, vor allem aus Nicht-EU-Ländern, in die Schranken weisen. Vor allem Telegram, ein russischer Anbieter, steht stark in der Kritik, da es hier kaum Schritte zur Bekämpfung von den beschriebenen Problemen gibt. Dass die Anbieter nicht machtlos sind, zeigen die ersten Maßnahmen von beispielsweise WhatsApp, YouTube und Instagram. So beschränkt beispielsweise WhatsApp die Weiterleitungsfunktion und markiert diese Nachrichten auch, um Falschmeldungen zu bändigen, außerdem wurden Gruppengrößen beschränkt. Für viele Rechte ist Telegram eine Ausweichplattform geworden, wenn sie von anderen Kanälen gelöscht wurden, zum Beispiel im Fall der Identitäten Bewegung. Es braucht allerdings bei allen Plattformbetreiber*innen mehr Transparenz und Konsequenz, wenn es um die Sperrung von Accounts geht, die gegen die Richtlinien verstoßen, um rechte Accounts auch langfristig zu bekämpfen. Denkbare wäre ebenfalls Falschinformationen zu markieren, z.B. durch eine Einblendung bei YouTube und die Richtlinien zu erweitern, so dass bspw. auch Videos mit antisemitischen Inhalten oder Verschwörungserzählungen gelöscht werden können. Ein weiterer wichtiger Schritt wäre ebenfalls die Demonetisierung, damit solche Inhalte nicht sogar Geld für ihre Falschinformationen bekommen. Dies ist nur ein Teil von möglichen Maßnahmen. Es bedarf jedoch dringend eines Handelns, vor allem von staatlicher Seite, um die Konzerne zu Maßnahmen zu bewegen.

Weitere Informationen und Quellennachweis: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/podcast-11dark-social-59757/

Änderungsanträge
Status Kürzel Zeile AntragstellerInnen Text PDF
Angenommen Ä2 zum I3 48 UB Hagen Ersetze in Z. 48 "Identitäten" durch "Identitären"
Angenommen Ä1 zum I3 54 Region Ostwestfalen-Lippe Ersetze "Demonetisierung" durch "Möglichkeit, Ersteller*innen von Videos mit den angesprochenen Inhalten von der Ausschüttung von Werbeeinnahmen auszuschließen"
Text des Beschlusses:

Corona hat auf viele Probleme, die wir in der Gesellschaft und Deutschland haben, das Brennglas geworfen. Mittlerweile sind die Namen von besonders lauten Verschwörungserzählern (nein, hier muss nicht gegendert werden) deutschlandweit bekannt und sie scheinen gerade im Netz immer mehr Menschen von ihren kruden Ideen und ihrer rechten sowie menschenverachtenden Ideologie zu begeistern. Doch dies ist natürlich kein neues Problem, so war das Internet sehr schnell ein Ort, der rechte Menschen aus ganz Deutschland mühelos zusammenbringt – und vor allem eben radikalisiert. Unsere Aufgabe als antifaschistischer Verband ist es, diese Entwicklungen im Blick zu haben und politisch darauf zu reagieren.

Was ist Dark Social? 

Eine besondere Rolle bekommt immer mehr das „Dark Social“. Dabei handelt es sich um den Teil vom Internet, den wir alle täglich nutzen – Messengerdienste, Mails, bspw. geschlossene Facebook-Gruppen. Jene Teile, die nicht öffentlich oder nur teilöffentlich sind. Gerade Telegram hat in den letzten beiden Jahren eine enorme Bedeutung für die rechte Szene bekommen. Hier können ungefiltert und unmoderiert rechte Gedanken ausgetauscht werden. Durch die fehlende Einordnung, wie es etwa bei Facebook, Instagram oder YouTube allein durch die Anwesenheit von anderen Nutzer*innen teilweise geschieht, befeuern Telegram-Gruppe eine schnelle Radikalisierung. Ein hohes Identitätsgefühl durch die Gruppe, eine schnelle gefühlte persönliche Bindung zu den Hauptakteur*innen sowie den Anschein von Privatheit, stoßen Menschen immer mehr in ein rechtes Denken, wo rechte Behauptungen, Erzählungen etc. nicht mehr hinterfragt werden. Zudem kommt es zu Aufrufen, die verbale Gewalt im digitalen Bereich auch zu realer Gewalt auf der Straße umschlagen lassen. Dies alles gilt es dringend zu verhindern und zu bekämpfen.

Verantwortung von Sicherheitsbehörden

Um diese Entwicklungen im Blick zu haben, müssen die Sicherheitsbehörden diese auch endlich ernstnehmen. Rechte Strukturen ändern sich permanent und diese Veränderungen müssen auch von Sicherheitsbehörden begleitet werden, wenn Deutschland es ernstmeint mit dem Kampf gegen Rassismus und rechtes Gedankengut. Unser Bekenntnis als Jusos ist dabei ganz klar, dass dies aber niemals mit einer Einschränkung der allgemeinen Freiheitsrechte einhergehen darf. Sicherheitsbehörden dürfen nicht noch mehr und eigentlich keine Befugnisse auf Privatnachrichten erhalten, indem sie zum Bespiele Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen problemlos übergehen und knacken dürfen. Dies ist unter anderem auch gerade bei Telegram nicht notwendig, da die meisten Kanäle öffentlich zugänglich sind. Allerdings sind trotzdem Schritte von Seiten der Sicherheitsbehörden dringend notwendig. Zuerst muss das Problem erkannt und ernstgenommen werden. Es braucht mehr Investitionen in Ausbildung und Personal, um solche Entwicklungen im Blick zu haben und um eine Überwachung dieser Gruppen personell stemmen zu können. Zusätzlich braucht es auch mehr finanzielle Mittel für Forschung, um eine wissenschaftlich fundierte Arbeit zu ermöglichen. Und nicht zuletzt müssen Bedrohungen, die von Rechten aus dem Netz an Privatpersonen und für die Allgemeinheit ausgehen, von der Polizei konsequent verfolgt und nicht von jenen bagatellisiert werden. Nur wenn die Polizei ihre Verantwortung wahrnimmt, können die Täter*innen endlich auch Konsequenzen spüren für ihr menschenverachtendes und bedrohendes Verhalten online.

Verantwortung von Social-Media-Konzernen und Messengerdiensten

Doch die Verantwortung geht nicht allein von Sicherheitsbehörden aus. Auch die Social-Media-Konzerne und Messengerdienste müssen sich ihrem Beitrag bewusstwerden und sich zuallererst vor allem an geltende Gesetze halten. Dafür ist es von wichtiger Bedeutung, dass es auf europäischer Ebene endlich einheitliche Regelungen gibt, die Konzerne, vor allem aus Nicht-EU-Ländern, in die Schranken weisen. Vor allem Telegram, ein russischer Anbieter, steht stark in der Kritik, da es hier kaum Schritte zur Bekämpfung von den beschriebenen Problemen gibt. Dass die Anbieter nicht machtlos sind, zeigen die ersten Maßnahmen von beispielsweise WhatsApp, YouTube und Instagram. So beschränkt beispielsweise WhatsApp die Weiterleitungsfunktion und markiert diese Nachrichten auch, um Falschmeldungen zu bändigen, außerdem wurden Gruppengrößen beschränkt. Für viele Rechte ist Telegram eine Ausweichplattform geworden, wenn sie von anderen Kanälen gelöscht wurden, zum Beispiel im Fall der Identitären Bewegung. Es braucht allerdings bei allen Plattformbetreiber*innen mehr Transparenz und Konsequenz, wenn es um die Sperrung von Accounts geht, die gegen die Richtlinien verstoßen, um rechte Accounts auch langfristig zu bekämpfen. Denkbare wäre ebenfalls Falschinformationen zu markieren, z.B. durch eine Einblendung bei YouTube und die Richtlinien zu erweitern, so dass bspw. auch Videos mit antisemitischen Inhalten oder Verschwörungserzählungen gelöscht werden können. Ein weiterer wichtiger Schritt wäre ebenfalls die Möglichkeit, Ersteller*innen von Videos mit den angesprochenen Inhalten von der Ausschüttung von Werbeeinnahmen auszuschließen, damit solche Inhalte nicht sogar Geld für ihre Falschinformationen bekommen. Dies ist nur ein Teil von möglichen Maßnahmen. Es bedarf jedoch dringend eines Handelns, vor allem von staatlicher Seite, um die Konzerne zu Maßnahmen zu bewegen.

Weitere Informationen und Quellennachweis: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/podcast-11dark-social-59757/

Beschluss-PDF: