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Analyse:
Die SPD-Bundestagsfraktion bildet leider nicht die Gesellschaft ab. Positiv ist, dass 43% der Fraktion weiblich sind und immerhin 38% direkt gewählt wurden. Die Bundestagsfraktion der SPD, aber auch die aller anderen Parteien, sind wesentlich homogener im Bezug auf Bildungsabschlüsse als der Rest der Gesellschaft. Akademiker*innen und unter jenen die Jurist*innen sind klar überrepräsentiert. Darüber hinaus ist aus jungsozialistischer Perspektive besonders kritikwürdig, dass in der SPD-Bundestagsfraktion kein Mitglied zum Zeitpunkt der letzten Wahl unter 30 Jahre alt war. Nur ein Siebtel der aktuellen Fraktion war in der abgelaufenen Legislatur noch nicht Mitglied des Bundestags (22 von 152).
Ob sich hieraus Probleme in der Repräsentation ergeben, ist nicht so einfach zu beantworten. Zum einen können wir auch einem*r Jurist*in nicht absprechen sich für die Belange derMitarbeiter*innen am Band bei VW zu engagieren, zum anderen, ist es aber unbestreitbar, dass sie in ihrem Lebenandere Erfahrungen gemacht haben. Auch wenn es sich bei den Akademiker*innen in der SPD Bundestagsfraktion vielleicht häufig um Bildungsaufsteiger*innen handelt, haben sich auch diese im Laufe der Zeit einen Habitus angeeignet, der zu dem anderer Schichten evt. nicht kompatibel ist, und so Probleme in der Repräsentation nach sichziehen kann.
Prinzipiell spricht auch nichts dagegen über lange Zeit politisch aktiv zu sein und zeitweise Geld durch ein Mandat zu verdienen. Eines muss aber klar sein: Politische Aktivität setzt kein Mandat voraus und politische Aktivität sollte nicht dauerhaft Grundlage des Broterwerbs sein. Außerdem sollte ein Mandat möglichst vielen Menschen zu Teil werden, auch um für die parlamentarischen Prozess werben zu können.
Nun könnte man eine Quotenregelung für Nicht-Akademiker*innen fordern. Das Symbol, welches wir damit aussenden, sollte uns jedoch davor zurückschrecken lassen. Zum einen wird so suggeriert, dass die SPD (die in ihren Führungsebenen eig. nur Akademiker*innen sitzen hat) jun. die Belange des „Prekäriats“ wahrnehmen kann. Zum anderen ist die Quotenregelung für Frauen ein Mittel, um patriarchale Strukturen in Partei und Gesellschaft aufzulösen, von welchen mindestens die Hälfte der Bevölkerung betroffen ist. Die Differenz der unterschiedlichen Schichten, die durch die Reproduktion kapitalistischer Machtstrukturen immer wieder erneuert wird, werden wir jedoch nicht mit einer Quote besiegen, schon dadurch nicht, da die Phänomene zwar miteinander zu tun haben, dennoch in ihrer Qualität unterschiedlich sind.
Eine Amtszeitbegrenzung klingt auf den ersten Blick auch eher charmant, ist dennoch mit demokratischen Grundrechten nicht zwingend vereinbar. Jede*r Bürger*innen genießt in Deutschland ab einem bestimmten Alter aktives Wahlrecht. Das können wir als Partei nicht einschränken. Außerdem lebt ein repräsentatives Parlament auch davon, dass Mandatsträger*innen, zumindest ein Teil von ihnen, erfahren sind in politischen Prozessen sowie Abläufen und ein Parlament nicht größtenteils aus neu gewählten Parlamentarier*innen besteht.
Dass wir den Gatekeeper „Studienabschluss“ dringend überwinden müssen, zeigt auch die Debatte über Kevin Kühnerts Ankündigung zur Kandidatur wieder eindrucksvoll. Das schaffen wir jedoch in erster Linie, indem wir gute Bildungsarbeit machen. Daher fordern wir:
Forderungen:
- Der Bundesvorstand muss Anreize dafür schaffen, dass Nichtakademiker*innen und Menschen mit Migrationshintergrund in ihren Wahlkreisen nominiert werden. Solche Anreize können, z.B. in Mentoringprogrammen bestehen oder in konkreter Unterstützung der Kampagne im Wahlkreis durch eine*n Campagner*in.
- Trennung von Amt und Mandat, sodass Bundesminister*innen aufgefordert werden, ihr Mandat mit dem Amtsantritt niederzulegen.
- Ein Angebot an neue (und alte) MdBs, MdLs und MdEPs, die die Abgeordneten zur Selbstreflektion ihres sozialen Status anregt und so die Repräsentation von anderen Schichten durch die SPD verbessern