F3 Die Straßen denen die drauf laufen

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Status:
Mit Änderungen angenommen

Problem:

Frauen erleben immer noch alltäglich nicht körperliche sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum. Dies erfolgt durch anzügliche Kommentare, Pfiffe, Hupen etc.., zusammengefasst unter dem Begriff „Catcalling“.  Einen Schutz gegen diese Form von Belästigung bietet der Gesetzgeber bis jetzt nicht.

Rein verbale, sexistisch konnotierte Äußerungen werden über Delikte wie sexuelle Nötigung, sexueller Übergriff, Vergewaltigung, Bedrohung, Nachstellung, Exhibitionismus und sexuelle Belästigung im Strafgesetzbuch nicht erfasst. Die bisherigen Sexualdelikte knüpfen als entscheidendes Kriterium alle am körperlichen Kontakt an. Auch der Straftatbestand der Beleidigung wird in den meisten Fällen des Catcallings nicht erfüllt, da eine Herabsetzung der Betroffenen im Sinne des Gesetzes in den meisten Fällen ausbleibt.

Auch im Bereich der Ordnungswidrigkeiten findet sich keine Vorschrift, die ein solches Verhalten mit Bußgeld bedroht.

Eine solche Lücke ist nicht hinnehmbar. Ein Staat, der nicht verhindert, dass Frauen auf offener Straße belästigt werden, kommt seiner Funktion die öffentliche Ordnung zu sichern, nicht zu Genüge nach. Der bisherige stiefmütterliche Umgang mit diesem Thema, ist Ausdruck dafür wie selten es aufgrund von mangelnder Repräsentanz, sowie Mut- und Ideenlosigkeit gelingt die vorhanden feministischen Bestrebungen in echte Realpolitik umzusetzen. Diese Lücke gilt es schnellstmöglich zu füllen. Es ist unsere Pflicht als Jusos „Catcalling“ nicht nur aufs Schärfste zu verurteilen, sondern es auch effektiv zu bekämpfen. Dazu soll dieser Antrag beitragen.

Einordnung

Zunächst gilt es die grundsätzliche Frage zu klären, wie Catcalling innerhalb des deutschen Rechtssystems einzufügen ist. Dabei wird zwischen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten unterschieden. Diese unterscheiden sich in ihrem Unrechtscharakter und in der Form der Bestrafung. Während Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern bestraft werden, können Straftaten auch zu Gefängnisstrafen führen. Zudem unterscheiden sich die Zuständigkeiten und das Verfahren. Wegen einer Ordnungswidrigkeit wird man gewöhnlich nicht verurteilt und ist in keinem Fall danach vorbestraft.

Catcalling ist nicht mit dem Anstandsgefühl einer modernen und gleichberechtigten Gesellschaft vereinbar. Es widerspricht ihrer grundsätzlichen Regel, Belästigung der Mitmenschen im Rahmen der eignen Freiheitsausübung zu unterlassen. Es kann nachweislich zu körperlichen und emotionalen Schäden bei den Betroffenen, bis hin zu Muskelverspannungen, Atembeschwerden, Schwindel und Übelkeit sowie starker Angst führen. Darüber hinaus fördert es Körperüberwachung und Selbstobjektivierung und es kann sogar zu einer Einschränkung der Mobilität von Betroffenen beitragen. Es vermindert nicht nur das Gefühl der Sicherheit und des Komforts der Betroffenen an öffentlichen Orten, sondern schränkt auch ihre Bewegungsfreiheit ein und nimmt ihnen die Freiheit und Sicherheit im öffentlichen Raum. Betroffene Frauen beurteilen ihre Umgebung, schränken die Wahl der Kleidung ein, entscheiden sich für Bewegung im Haus und meiden bestimmte Nachbarschaften oder Wege als proaktive Maßnahmen, um das Risiko, belästigt zu werden, zu verringern. Insgesamt führt Catcalling als gesellschaftliches Phänomen somit zu einer teilweise massiven Einschränkung der Lebensqualität der Betroffenen.

All diesen Folgen, bleibt jedoch gemein, dass sie mittelbar und nicht auf die einzelne Tat zurückführbar bleiben. Der unmittelbare Schaden und die Sozialschädlichkeit des Verhaltens des Einzeltäters bleiben dagegen, hinter denen der sonstigen Sexualdelikte weit zurück. Eine Einordnung des „Catcalling“ als Straftatbestand, würde entweder die dogmatischen und letztendlich verfassungsrechtlichen Ansprüche an ein Strafgesetz unterschreiten, oder ein Erheblichkeitskriterium enthalten, welches die Durchschlagskraft des Gesetzes nicht unwesentlich einschränken würde.

Ein solches Erheblichkeitskriterium für nicht körperliche Angriffe hat die Rechtsprechung bereits zur Beleidigung entwickelt, wonach der Täter durch seine Äußerung zum Ausdruck bringen muss, das Opfer würde einen seine Ehre mindernden Mangel aufweisen. Dies ist bei den meisten Formen des Catcalling schlicht nicht gegeben. Ein „Catcalling“ Paragraph im Strafgesetzbuch würde aber demselben oder zumindest einem sehr ähnlichen Kriterium unterliegen.

„Catcalling“ als Straftat würde nicht umfassend zu einer Verfolgung und Prävention all dessen, was unter „Catcalling“ verstanden wird, beitragen. Ein echter Mehrwert zu den vorhandenen Tatbeständen erscheint zweifelhaft. Ein Catcallinggesetz sollte aber aus unserer Sicht gerade dazu dienen, sexuelle Belästigungen, denen noch nicht die sozialschädliche Wirkung einer Straftat zukommt, Einhalt zu gebieten. Deswegen fordern wir, dass Ordnungswidrigkeitengesetz um einen „Catcalling-Paragraphen“ zu ergänzen.

Der „Catcalling-Paragraph“

Der „Catcalling-Paragraph“ soll jede Geste oder Verhalten gegenüber einer anderen Person im öffentlichen Raum umfassen, die dazu geeignet ist entweder die Würde des Gegenübers zu untergraben oder eine einschüchternde, feindselige, bedrohliche, hasserfüllte, missbräuchliche, abfällige oder verletzende Situation zu schaffen. Zu bestrafen ist die Ordnungswidrigkeit mit mindestens 250 Euro und einem Höchstsatz von 1500 Euro Bußgeld. Im Falle der Wiederholung ist die Mindesthöhe auf 500 Euro anzuheben.

Durch den Paragraphen erhalten Betroffene die Möglichkeit, entsprechendes Verhalten anzuzeigen und dem Staat stehen endlich die bekannten ordnungsbehördlichen Mittel zur Verfügung, um gegen diese Form der Belästigung vorzugehen. Die Verfolgung wird allerdings häufig aufgrund fehlender Identifizierung der Täter*innen oder nicht hinreichender Beweislage scheitern. Der Beistand des Staates für die Opfer darf und kann somit nicht mit Einführung des Paragraphen enden.

Wir fordern deswegen darüber hinaus:

  1. Einen umfassenden Jahresbericht über die Auswirkungen des „Catcalling-Paragraphen“, aus dem ersichtlich wird wo, wann und wie oft „Catcalling“ angezeigt wurde, wie viele Bußgeldbescheide aufgrund dessen erteilt wurden und welche weitergehenden Maßnahmen geplant und durchgeführt wurden, um Catcalling zu unterbinden.
  2. Eine Strategie der Ordnungsbehörden, um Catcalling zu verhindern und eigeninitiativ zu verfolgen. Diese muss einen höheren Präsenz von Ordnungsbehörden an Orten umfassen an denen häufig Catcalling angezeigt wird und darüber hinaus zumindest in größeren Städten Streifen, die schwerpunktmäßig nach Ordnungsverstößen bezogen auf den Catcalling Paragraphen Ausschau halten.
  3. Weitergehende staatliche Aufklärungsmaßnahmen wie Kampagnen etc., die über die Folgen und die Bedeutung von Catcalling informieren.
Änderungsanträge
Status Kürzel Zeile AntragstellerInnen Text PDF
Angenommen Ä1 zum F3 1 UB Münster Ersetze den Titel durch „Die Straßen denen die drauf laufen“
Angenommen Ä2 zum F3 1 UB Münster Streiche Z.1 und ersetze durch: „Sexuelle Belästigung stellt im Patriarchat und damit auch in unserer Gesellschaft ein großes Problem dar. Als feministischer Richtungsverband ist uns klar, dass zur Befreiung und Gleichstellung aller Geschlechter auch ein angst- und gewaltfreies Leben gehört. Sexuelle Belästigung erzeugt Angst und ist eine Form von Gewalt und muss daher in all ihren Formen radikal bekämpft werden.“
Angenommen Ä3 zum F3 2 UB Münster Streiche in Z.2 „nicht körperliche“
Angenommen Ä4 zum F3 4 UB Münster Ergänze nach Z.4: „Das grundlegende Problem hierbei ist, dass besonders Frauen und weiblich gelesene Personen immer noch als Objekt betrachtet werden und einer immensen Sexualisierung ausgesetzt sind. Sexuelle Belästigung geschieht unabhängig von der Kleidung, dem Gang, dem Auftreten, der Stimme, dem Aussehen oder sonstigen Attributen. Vielmehr führen patriarchale Denkmuster dazu, dass Frauen und weiblich gelesene Personen nicht als Menschen gesehen werden, sondern als Objekte, die belästigt werden könnten.“
Angenommen Ä5 zum F3 8 UB Münster Streiche Z.8-11 Ab „Auch der…“
Angenommen Ä18 zum F3 14 UB Münster Streiche in Z.14 "stiefmütterliche"
Angenommen Ä6 zum F3 18 UB Münster Ergänze nach Z.18: „Von Catcalling sind alle Geschlechter betroffen, besonders oft trifft es allerdings weiblich gelesene Personen. In letzter Zeit hat das Thema Catcalling an Aufmerksamkeit gewonnen durch die Arbeit von Aktivist*innen, die anonym eingesendete Catcalls in zahlreichen Städten mit Kreide auf die Straßen und Gehwege schreiben und zwar am Tatort. Meist werden die Bilder davon auch auf sozialen Netzwerken, besonders auf Instagram, hochgeladen. Diese wichtige aktivistische Arbeit bewirkt, dass Menschen überhaupt auf das Thema aufmerksam gemacht werden und Betroffene in sicherer Atmosphäre über ihre Erlebnisse berichten können. Ausdrücklich solidarisieren wir uns mit den Aktivist*innen und befürworten diese Form der politischen Arbeit.“
Angenommen Ä7 zum F3 19 UB Münster Streiche Z.19-25 und füge als Unterüberschrift ein: „Ein Lichtblick für die Sicherheit!“ 
Angenommen Ä8 zum F3 25 UB Münster Ergänze als neuen Absatz nach Z.25: „Ein wesentlicher Punkt in der Bekämpfung der Angst und auch in der Herstellung von Sicherheit ist die Ausleuchtung von Angstzonen. Dies sind Orte, an denen wenig Menschen sind und die meistens schlecht bis gar nicht beleuchtet sind. Alle Orte an denen das Risiko Opfer eines Übergriffs zu werden (mindestens gefühlt) höher ist und somit auch mehr Angst erzeugen. Gerade nachts gibt es deshalb viele Orte, die von Frauen und weiblich gelesenen Personen möglichst gemieden werden. Wir fordern daher, dass alle dunklen Straßen, Gassen, Radwege, Durchgänge und Unterführungen wo möglich so ausgeleuchtet werden, dass Angsträume reduziert werden. Gleiches gilt für Bushaltestellen und Bahnhöfe. Essentiell ist für die Verbesserung der Situation auch der Ausbau des nächtlichen ÖPNV. Auch Sicherheitskonzepte, wie sie etwa in Vancouver mit Hilfe von stillen Alarmen in Bussen und Bahnen durchgesetzt werden, befürworten wir. Uns ist dabei klar, dass jede Überwachung im öffentlichen Raum kritisch zu sehen und in Abwägung zu stellen ist. Die Städte denen, die dort leben Dunkle Gassen, umausgeleuchtete und verwinkelte Parkhäuser, keine ruhigen Orte zum Stillen von Kindern: Städte wurden jeher von Männern für Männer konzipiert. Männliche Konzeptionen von Stadtbildern spielen jedoch übergriffigen Männern in die Karten und schüren das Gefühl der Unsicherheit bei Frauen und weiblich gelesenen Menschen. Es ist also an der Zeit zu realisieren, dass Städte ebenso von Frauen und weiblich gelesenen Menschen genutzt werden und diese auf Grund patriarchaler Strukturen Bedürfnisse haben, die gerne in der männlichen Stadtkonzeption vergessen werden. Wir setzen uns deshalb für feministische Stadtkonzepte ein.“
Erledigt Ä16 zum F3 25 UB Münster Ergänze als neuen Absatz nach Z.25: „Ein wesentlicher Punkt in der Bekämpfung der Angst und auch in der Herstellung von Sicherheit ist die Ausleuchtung von Angstzonen. Dies sind Orte, an denen wenig Menschen sind und die meistens schlecht bis gar nicht beleuchtet sind, sodass das Risiko Opfer eines Übergriffs zu werden subjektiv höher wahrgenommen wird und somit mehr Angst erzeugt wird. Gerade nachts gibt es deshalb viele Orte, die von Frauen und weiblich gelesenen Personen möglichst gemieden werden. Wir fordern daher, dass alle dunklen Straßen, Gassen, Radwege, Durchgänge und Unterführungen wo möglich so ausgeleuchtet werden, dass Angsträume reduziert werden. Gleiches gilt für Bushaltestellen und Bahnhöfe. Essentiell ist für die Verbesserung der Situation auch der Ausbau des nächtlichen ÖPNV. Auch Sicherheitskonzepte, wie sie etwa in Vancouver mit Hilfe von stillen Alarmen in Bussen und Bahnen durchgesetzt werden, befürworten wir. Uns ist dabei klar, dass jede Überwachung im öffentlichen Raum kritisch zu sehen und in Abwägung zu stellen ist. Die Städte denen, die dort leben Dunkle Gassen, umausgeleuchtete und verwinkelte Parkhäuser, keine ruhigen Orte zum Stillen von Kindern: Städte wurden jeher von Männern für Männer konzipiert. Männliche Konzeptionen von Stadtbildern spielen jedoch übergriffigen Männern in die Karten und schüren das Gefühl der Unsicherheit bei Frauen und weiblich gelesenen Menschen. Es ist also an der Zeit zu realisieren, dass Städte ebenso von Frauen und weiblich gelesenen Menschen genutzt werden und diese auf Grund patriarchaler Strukturen Bedürfnisse haben, die gerne in der männlichen Stadtkonzeption vergessen werden. Wir setzen uns deshalb für feministische Stadtkonzepte ein.“
Erledigt Ä17 zum F3 25 UB Münster Ergänze als neuen Absatz nach Z.25: „Ein wesentlicher Punkt in der Bekämpfung der Angst und auch in der Herstellung von Sicherheit ist die Ausleuchtung von Angstzonen. Dies sind Orte, an denen wenig Menschen sind und die meistens schlecht bis gar nicht beleuchtet sind, sodass das Risiko Opfer eines Übergriffs zu werden subjektiv höher wahrgenommen wird und somit mehr Angst erzeugt wird. Gerade nachts gibt es deshalb viele Orte, die von Frauen und weiblich gelesenen Personen möglichst gemieden werden. Wir fordern daher, dass alle dunklen Straßen, Gassen, Radwege, Durchgänge und Unterführungen wo möglich so ausgeleuchtet werden, dass Angsträume reduziert werden. Gleiches gilt für Bushaltestellen und Bahnhöfe. Essentiell ist für die Verbesserung der Situation auch der Ausbau des nächtlichen ÖPNV. Auch Sicherheitskonzepte, wie sie etwa in Vancouver mit Hilfe von stillen Alarmen in Bussen und Bahnen durchgesetzt werden, befürworten wir. Uns ist dabei klar, dass jede Überwachung im öffentlichen Raum kritisch zu sehen und in Abwägung zu stellen ist. Die Städte denen, die dort leben Dunkle Gassen, umausgeleuchtete und verwinkelte Parkhäuser, keine ruhigen Orte zum Stillen von Kindern: Städte wurden jeher von Männern für Männer konzipiert. Männliche Konzeptionen von Stadtbildern spielen jedoch übergriffigen Männern in die Karten und schüren das Gefühl der Unsicherheit bei Frauen und weiblich gelesenen Menschen. Es ist also an der Zeit zu realisieren, dass Städte ebenso von Frauen und weiblich gelesenen Menschen genutzt werden und diese auf Grund patriarchaler Strukturen Bedürfnisse haben, die gerne in der männlichen Stadtkonzeption vergessen werden. Wir setzen uns deshalb für feministische Stadtkonzepte ein.“
Angenommen Ä9 zum F3 37 UB Münster Ergänze nach Z.37 als Unterüberschrift: „Für den Straftatbestand Catcalling!“ Und füge danach als neuen Absatz ein: „Verbale Belästigung ist nicht strafbar. Frauen und weiblich gelesene Menschen haben somit kein rechtliches Mittel gegen übergriffiges Verhalten und das Gesetz suggeriert, dieses sei in soweit in Ordnung, solange es nicht zu physischen Übergriffen kommt. Für uns ist klar: Es darf nicht sein, dass Übergriffe erst physisch geschehen müssen, bis Frauen und weiblich gelesene Personen die Möglichkeit haben, sich gesetzlich zu ihren. Verbale Belästigung darf nicht länger geduldet werden und wir unterstützen die aktuellen Bestrebungen Catcalling endlich strafbar zu machen!“
Angenommen Ä10 zum F3 38 UB Münster Streiche Z.38-65
Angenommen Ä11 zum F3 66 UB Münster Streiche in Z.66 „darüber hinaus“
Angenommen Ä12 zum F3 66 UB Münster Ergänze nach Z.66 als 1.Punkt: „1. Dass Catcalling zur Straftat wird.“
Angenommen Ä13 zum F3 67 UB Münster Streiche in Z.67 „über die Auswirkungen des Catcalling-Paragraphen“
Angenommen Ä15 zum F3 67 UB Münster Ersetze Aufzählungszeichen "1." durch "2."
Angenommen Ä14 zum F3 71 UB Münster Ersetze Z.71-75 durch „3. die Ausleuchtung von Angstzonen 4. ein breiteres Angebot bei Nachtbussen 5. die Etablierung von Sicherheitskonzepten speziell im Hinblick auf Catcalling 6. Schulungen für Polizist*innen und Mitarbeiter*innen von Sicherheitsunternehmen über den sensiblen Umgang mit Belästigung im öffentlichen Raum. 7. Die Förderung von Initiativen und Anlaufstellen sowie die Unterstützung von Initiativen wie „Catcalls of …““
Text des Beschlusses:

Sexuelle Belästigung stellt im Patriarchat und damit auch in unserer Gesellschaft ein großes Problem dar. Als feministischer Richtungsverband ist uns klar, dass zur Befreiung und Gleichstellung aller Geschlechter auch ein angst- und gewaltfreies Leben gehört. Sexuelle Belästigung erzeugt Angst und ist eine Form von Gewalt und muss daher in all ihren Formen radikal bekämpft werden.

Frauen erleben immer noch alltäglich sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum. Dies erfolgt durch anzügliche Kommentare, Pfiffe, Hupen etc.., zusammengefasst unter dem Begriff „Catcalling“.  Einen Schutz gegen diese Form von Belästigung bietet der Gesetzgeber bis jetzt nicht. Das grundlegende Problem hierbei ist, dass besonders Frauen und weiblich gelesene Personen immer noch als Objekt betrachtet werden und einer immensen Sexualisierung ausgesetzt sind. Sexuelle Belästigung geschieht unabhängig von der Kleidung, dem Gang, dem Auftreten, der Stimme, dem Aussehen oder sonstigen Attributen. Vielmehr führen patriarchale Denkmuster dazu, dass Frauen und weiblich gelesene Personen nicht als Menschen gesehen werden, sondern als Objekte, die belästigt werden könnten.

Rein verbale, sexistisch konnotierte Äußerungen werden über Delikte wie sexuelle Nötigung, sexueller Übergriff, Vergewaltigung, Bedrohung, Nachstellung, Exhibitionismus und sexuelle Belästigung im Strafgesetzbuch nicht erfasst. Die bisherigen Sexualdelikte knüpfen als entscheidendes Kriterium alle am körperlichen Kontakt an.

Eine solche Lücke ist nicht hinnehmbar. Ein Staat, der nicht verhindert, dass Frauen auf offener Straße belästigt werden, kommt seiner Funktion die öffentliche Ordnung zu sichern, nicht zu Genüge nach. Der bisherige Umgang mit diesem Thema, ist Ausdruck dafür wie selten es aufgrund von mangelnder Repräsentanz, sowie Mut- und Ideenlosigkeit gelingt die vorhanden feministischen Bestrebungen in echte Realpolitik umzusetzen. Diese Lücke gilt es schnellstmöglich zu füllen. Es ist unsere Pflicht als Jusos „Catcalling“ nicht nur aufs Schärfste zu verurteilen, sondern es auch effektiv zu bekämpfen. Dazu soll dieser Antrag beitragen.

Von Catcalling sind alle Geschlechter betroffen, besonders oft trifft es allerdings weiblich gelesene Personen. In letzter Zeit hat das Thema Catcalling an Aufmerksamkeit gewonnen durch die Arbeit von Aktivist*innen, die anonym eingesendete Catcalls in zahlreichen Städten mit Kreide auf die Straßen und Gehwege schreiben und zwar am Tatort. Meist werden die Bilder davon auch auf sozialen Netzwerken, besonders auf Instagram, hochgeladen. Diese wichtige aktivistische Arbeit bewirkt, dass Menschen überhaupt auf das Thema aufmerksam gemacht werden und Betroffene in sicherer Atmosphäre über ihre Erlebnisse berichten können. Ausdrücklich solidarisieren wir uns mit den Aktivist*innen und befürworten diese Form der politischen Arbeit.

Ein Lichtblick für die Sicherheit!

Ein wesentlicher Punkt in der Bekämpfung der Angst und auch in der Herstellung von Sicherheit ist die Ausleuchtung von Angstzonen. Dies sind Orte, an denen wenig Menschen sind und die meistens schlecht bis gar nicht beleuchtet sind. Alle Orte an denen das Risiko Opfer eines Übergriffs zu werden (mindestens gefühlt) höher ist und somit auch mehr Angst erzeugen. Gerade nachts gibt es deshalb viele Orte, die von Frauen und weiblich gelesenen Personen möglichst gemieden werden. Wir fordern daher, dass alle dunklen Straßen, Gassen, Radwege, Durchgänge und Unterführungen wo möglich so ausgeleuchtet werden, dass Angsträume reduziert werden. Gleiches gilt für Bushaltestellen und Bahnhöfe. Essentiell ist für die Verbesserung der Situation auch der Ausbau des nächtlichen ÖPNV. Auch Sicherheitskonzepte, wie sie etwa in Vancouver mit Hilfe von stillen Alarmen in Bussen und Bahnen durchgesetzt werden, befürworten wir. Uns ist dabei klar, dass jede Überwachung im öffentlichen Raum kritisch zu sehen und in Abwägung zu stellen ist.

Die Städte denen, die dort leben

Dunkle Gassen, umausgeleuchtete und verwinkelte Parkhäuser, keine ruhigen Orte zum Stillen von Kindern: Städte wurden jeher von Männern für Männer konzipiert. Männliche Konzeptionen von Stadtbildern spielen jedoch übergriffigen Männern in die Karten und schüren das Gefühl der Unsicherheit bei Frauen und weiblich gelesenen Menschen. Es ist also an der Zeit zu realisieren, dass Städte ebenso von Frauen und weiblich gelesenen Menschen genutzt werden und diese auf Grund patriarchaler Strukturen Bedürfnisse haben, die gerne in der männlichen Stadtkonzeption vergessen werden. Wir setzen uns deshalb für feministische Stadtkonzepte ein.

Catcalling ist nicht mit dem Anstandsgefühl einer modernen und gleichberechtigten Gesellschaft vereinbar. Es widerspricht ihrer grundsätzlichen Regel, Belästigung der Mitmenschen im Rahmen der eignen Freiheitsausübung zu unterlassen. Es kann nachweislich zu körperlichen und emotionalen Schäden bei den Betroffenen, bis hin zu Muskelverspannungen, Atembeschwerden, Schwindel und Übelkeit sowie starker Angst führen. Darüber hinaus fördert es Körperüberwachung und Selbstobjektivierung und es kann sogar zu einer Einschränkung der Mobilität von Betroffenen beitragen. Es vermindert nicht nur das Gefühl der Sicherheit und des Komforts der Betroffenen an öffentlichen Orten, sondern schränkt auch ihre Bewegungsfreiheit ein und nimmt ihnen die Freiheit und Sicherheit im öffentlichen Raum. Betroffene Frauen beurteilen ihre Umgebung, schränken die Wahl der Kleidung ein, entscheiden sich für Bewegung im Haus und meiden bestimmte Nachbarschaften oder Wege als proaktive Maßnahmen, um das Risiko, belästigt zu werden, zu verringern. Insgesamt führt Catcalling als gesellschaftliches Phänomen somit zu einer teilweise massiven Einschränkung der Lebensqualität der Betroffenen.

Für den Straftatbestand Catcalling!

Verbale Belästigung ist nicht strafbar. Frauen und weiblich gelesene Menschen haben somit kein rechtliches Mittel gegen übergriffiges Verhalten und das Gesetz suggeriert, dieses sei in soweit in Ordnung, solange es nicht zu physischen Übergriffen kommt. Für uns ist klar: Es darf nicht sein, dass Übergriffe erst physisch geschehen müssen, bis Frauen und weiblich gelesene Personen die Möglichkeit haben, sich gesetzlich zu ihren. Verbale Belästigung darf nicht länger geduldet werden und wir unterstützen die aktuellen Bestrebungen Catcalling endlich strafbar zu machen!

Wir fordern deswegen:

  1. Dass Catcalling zur Straftat wird.
  2. Einen umfassenden Jahresbericht, aus dem ersichtlich wird wo, wann und wie oft „Catcalling“ angezeigt wurde, wie viele Bußgeldbescheide aufgrund dessen erteilt wurden und welche weitergehenden Maßnahmen geplant und durchgeführt wurden, um Catcalling zu unterbinden.
  3. die Ausleuchtung von Angstzonen
  4. ein breiteres Angebot bei Nachtbussen
  5. die Etablierung von Sicherheitskonzepten speziell im Hinblick auf Catcalling
  6. Schulungen für Polizist*innen und Mitarbeiter*innen von Sicherheitsunternehmen über den sensiblen Umgang mit Belästigung im öffentlichen Raum.
  7. Die Förderung von Initiativen und Anlaufstellen sowie die Unterstützung von Initiativen wie „Catcalls of …“
  8. Weitergehende staatliche Aufklärungsmaßnahmen wie Kampagnen etc., die über die Folgen und die Bedeutung von Catcalling informieren.
Beschluss-PDF:

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