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E2 Solidarität mit Taiwan!

9.09.2020

Die NRWJusos solidarisieren sich mit der unabhängigen und demokratisch legitimierten Regierung der Republik China (Taiwan) und seiner Bevölkerung gegen die Aggressionen der Volksrepublik China und der Kommunistischen Partei Chinas.

Seit dem Ende des chinesischen Bürgerkrieges 1949, an dessen Ende die Regierung der Republik China auf die Insel Taiwan geflohen ist, droht die Volksrepublik China regelmäßig mit einer Wiedereingliederung Taiwans – im Zweifel sogar mit militärischen Mitteln. Internationale Solidarität erfährt Taiwan jedoch nicht.

Taiwan wird von keinem Staat mit außenpolitischem Gewicht anerkannt und wurde zudem 1971 als UNO-Mitglied und Mitglied im UN-Sicherheitsrat durch die Volksrepublik China ersetzt. Seither haben sich viele Staaten der „Ein-China-Politik“ verschrieben, also der Anerkennung der Volksrepublik China als alleiniger chinesischer Staat. Dies hat die Konsequenz, dass Taiwan als eigenständiger Staat nicht anerkannt und damit von der Staatengemeinschaft lediglich als „abtrünnige“ Provinz gesehen wird.

Die aktuellen Ereignisse in Hongkong rund um das kürzlich verabschiedete Sicherheitsgesetz, durch das de facto die Autonomie von Hongkong endete und auch das Rechtssystem von Hongkong massiv untergraben wurde, zeigen, dass die Volksrepublik China willens ist, ihren Machtbereich mit allen Mitteln zu erweitern. Dies zeigt sehr eindringlich, dass endlich mehr politischer Druck auf China ausgeübt werden muss, um Taiwan und seinen Bewohner*Innen effektiv zur Seite zu stehen und China zu signalisieren, dass ein beabsichtigter Bruch des Selbstbestimmungsrechts der Völker Konsequenzen hat.

Daher fordern wir:

  • eine offizielle Solidaritätsbekundung mit Taiwan durch den Landesvorstand der Jusos NRW.
  • den Landesvorstand auf, entsprechende Solidaritätsbekundung auch beim Bundesvorstand der Jusos einzufordern.

Solidarität für ein demokratisches und unabhängiges Taiwan, dass in Anbetracht des Politikums in Hongkong heute mehr denn je unsere Solidarität und Unterstützung braucht!

O5 Reißt Barrieren und Stigmata ein!

9.09.2020

Unsere Gesellschaft ist vielfältig. Und genauso Vielfältig sind auch die Steine, die einem Menschen in den Weg gelegt werden. Aber je mehr Steine im Weg sind, desto schwerer wird der Zugang zu Bildung, einer Karriere oder dem politischen Engagement. Wenn wir jedoch für “Gleiche Chancen für Alle” kämpfen, müssen wir uns bestehende Stigmata und Barrieren anschauen. Denn Stigmata und Barrieren, die für Nicht-Betroffene unsichtbar sind, führen zu ungleichen Startbedingungen. Doch was können wir als Jusos tun? Dafür müssen wir uns die einzelne Bereiche anschauen.

(Wortdefinitionen: Stigmatisierungen führen dazu, dass einem Menschen Eigenschaften zugeschrieben werden, um diesen abzuwerten. Barrieren sind Hindernisse, um die man nicht herumkommt.)

Behinderungen, Chronische Erkrankungen und Neurodiversität

Bei dem Wort Barrieren denken die meisten wahrscheinlich als erstes an Behinderungen. In den letzten Jahren hat sich der Blickwinkel geändert. Man geht nicht mehr nur davon aus, dass eine Person aufgrund einer Diagnose Behindert ist. Vielmehr wird das Soziale Umfeld betrachtet und wie sehr dieses Umfeld mit Barrieren einen Menschen in seiner Teilhabe behindert. Das Bedeutet, dass wir alle in der Verantwortung sind, Barrieren einzureißen und eine höchstmögliche Teilhabe zu ermöglichen. Und das können wir nicht nur, in dem wir uns für Inklusion in Schulen und dem Arbeitsmarkt einsetzen. Wir Jusos können im eigenen Verband beginnen und diesen Barrierearm gestalten. Deshalb fordern wir:

  • Rollstuhlgerechte Veranstaltungsorte, mit einer Anmerkung auf der Veranstaltungseinladung. Sollte eine Rollstuhlgerechte Veranstaltung nicht uneingeschränkt möglich sein, muss auch dies auf der Einladung vermerkt werden.
  • Werden weitere Angebote zur Barriere-reduzierung verwendet, sollen diese auch in der Einladung erwähnt werden und zu Beginn einer Veranstaltung erklärt werden.

Barrierefreiheit bedeutet viel mehr, als nur eine Rampe zu bauen, um einen Rollstuhlgerechten Zugang zu ermöglichen. Vor allem im Bereich der “unsichtbaren Behinderungen” gibt es vieles, was wir noch tun können. Hier sind einige Beispiele, die umgesetzt werden können, wenn es die Kapazitäten dafür gibt: Safer-Spaces zur Reizreduktion bzw. um aus der Situation rauszukommen, Bereitstellung von Texten in einer Legasthenie-freundlichen Schriftart, Skills-Notfallkasten bereitstellen bei akuten psychischen Problem auf einer Veranstaltung, Essen im Vorfeld ankündigen damit sich Menschen mit Stoffwechselerkrankungen oder Intoleranzen Essen mitbringen können.

Auch bei Printmedien und Social-Media können Barrieren überwunden werden, in dem z.B. gut lesbare Schriften verwendet werden, die Texte in einfacherer Sprache und mit einer reduzierten Anzahl an Fachworte geschrieben werden, Farbkontraste eingehalten werden, die Farben für Farbenblinde unterscheidbar sind, Bildunterschriften in Postings gesetzt werden und Untertitel bei Videos eingefügt werden.

Um diesen Kampf möglichst effektiv zu gestalten, brauchen wir mehr Bildungs- und Aufklärungsarbeit. Denn nur durch Wissen und offene Kommunikation können Stigmata, die wir alle als Vorurteile in uns tragen, brechen. Zusätzlich dazu bekommen wir so auch die Möglichkeit besser auf die Probleme von anderen Genoss*innen in unserem Umfeld zu reagieren und diese weiterhin in unsere Arbeit zu einzuschließen.

Sprache als Barriere

Nicht immer muss eine Behinderung der Grund für eine Barriere sein. Auch Sprache kann eine Barriere sein.

Fachbegriffe, zum Beispiel, haben nicht nur den Zweck Sachverhalte möglichst kurz zu beschreiben. Die Verwendung von bestimmten Fachbegriffen innerhalb einer Gruppe führt zu einem Zugehörigkeitsgefühl. In unserem Verband haben wir die unterschiedlichsten Bildungshintergründe. Ist jetzt eine Fachsprache dominierend, führt dazu, dass sich einige Menschen nicht als Teil der Gruppe verstehen. Deshalb fordern wir:

  • Bei Workshops, dass möglichst wenig Fachsprache verwendet wird. Sollten diese unumgänglich sein, können sie als Fußnote erklärt werden. Dies gilt natürlich nicht für Workshops, bei denen angekündigt wird, dass diese ein bestimmtes Vorwissen voraussetzen.
  • Bei Anträgen, dass Fachworte definiert werden
  • Bei Veranstaltungen, dass ein Handzeichen vereinbart wird, dass signalisiert, dass eine Definition für ein Fachwort oder eine Abkürzung gerade benötigt wird.
  • Erstellung eines Abkürzungsverzeichnisses mit Parteikürzeln und den dazugehörigen Erklärungen

Aber nicht nur Fachsprache kann eine Barriere darstellen. Menschen, die mit einer anderen Muttersprache bzw. Bilingual aufgewachsen sind oder auch Menschen, die in einem Nicht-Akademiker*innen- Haushalt groß geworden sind, haben nicht immer denselben Wortschatz, wie ein Mensch, der in einem akademischen Haushalt mit nur einer Sprache aufgewachsen ist. Deshalb können wir nicht davon ausgehen, dass jeder Mensch im Umgang mit Sprache ein ähnliches Selbstbewusstsein hat. Wir müssen uns stets daran erinnern, dass einige Menschen Sprachbarrieren spüren, wenn sie einen Text schreiben, einen Wortbeitrag leisten oder sich in einer Diskussion beteiligen. Was aber nicht bedeutet, dass diese Menschen keinen wertvollen Beitrag leisten können.

Klassismus 

Klassismus beschreibt (strukturelle) Diskriminierung und Ausbeutung von Menschen aufgrund der sozialen Herkunft oder Position. Denn Armut schränkt in der Teilhabe ein. Wenn wir es uns jedoch zur Aufgabe machen wollen, Barrieren einzureißen, müssen wir uns auch innerhalb unseres Verbandes damit auseinandersetzen, wie wir möglichst viele Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen integrieren können. Aktuell ist der dominierende Anteil der Jusos studiert. Wenn jetzt z.B. jemand eine Ausbildung macht, hat diese Person nicht immer das Privileg ein NRW-Ticket zu haben. Die Anfahrt zu einer Landesveranstaltung kann somit nicht nur wegen der Uhrzeit, die sich mit der Arbeitszeit überschneidet, schwierig werden, sondern es kann auch teuer werden. Und wenn dann das Geld fehlt, überlegt man es sich natürlich mehrfach, ob man dann zu einer Veranstaltung fährt oder nicht. Aber auch eine Delegationsreise kann von vielen nicht kurzfristig finanziert werden, was dann wieder Mitglieder ausschließt. Aber auch kleinere Situationen können dazu führen, dass Menschen sich in ihrer Teilhabe eingeschränkt sehen. Wenn man nicht betroffen ist, sind einem diese Situationen nicht bewusst. Deshalb fordern wir:

  • Organisation von Fahrgemeinschaften und die Mitnahme über ÖPNV-Tickets, für Menschen, die kein Ticket haben
  • Veranstaltungen, die mehr kosten, müssen frühzeitig angekündigt werden, um zu sparen
  • Endgeräte zum Verleih zur Verfügung stellen bei Veranstaltungen
  • Extra-Kosten auf Veranstaltungen bei der Einladung ankündigen, wie z.B. Kosten für das Bier am Abend oder Kosten für Auswärtsessen

Safer-Space

Immer noch haben viele ein Bild von politischer Arbeit im Kopf, dass sie “knallhart” ist und man viel aushalten muss. Diese Vorstellung soll aber nur verschleiern, dass diese Arbeitsatmosphäre vor allem Diskriminierung gegenüber bestimmten Gruppen bedeutet. Dies ist ein Raum, wo sich vor allem weiße heterosexuelle cis Männer wohlfühlen und dann wundert es auch nicht, dass sie die Räume dominieren. Wenn wir wollen, dass diskriminierte Gruppen mehr teilhaben können, müssen wir dafür sorgen, dass unser Verband ein Safer-Space und diskriminierungsfreien Raum wird. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass nicht-binäre oder intersexuelle Personen sich genötigt sehen, wenn sie sich zu Veranstaltungen anmelden wollen, männlich oder weiblich anzugeben. Hier müssen wir massiv in Awareness-Arbeit investieren und dabei vor allem die Perspektiven von diskriminierten Gruppen in den Vordergrund stellen und intersektional denken.

S6 Verbeamtung oder mentales Wohlbefinden? - Gegen die Stigmatisierung von angehenden Beamt*innen mit psychischen Vorerkrankungen

9.09.2020

Der Staat will sehr genau wissen mit wem er bei der Verbeamtung einen lebenslangen Vertrag eingeht. Dies betrifft beispielsweise Lehrer*innen, Polizist*innen oder Jurist*innen. Im Detail geht es bei den Anforderungen der Verbeamtung um die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung.

Vor allem die medizinische Beurteilung kann da für viele Personen zum Problem werden, besonders wenn es sich dabei um psychische Belastungen handelt. Amtsärzt*innen prognostizieren dabei aus der medizinisch dokumentierten Vorgeschichte sowie der aktuellen gesundheitlichen Situation die Wahrscheinlichkeit, dass Anwärter*innen frühzeitig aus dem Dienst ausscheiden oder lange Unterbrechungen drohen. Die Richtlinien dafür sind derzeit jedoch für viele Anwärter*innen nicht durchschaubar und scheinen willkürlich. Aufgrund mangelnder verbindlicher Regelungen hängt eine Entscheidung oft von dem*der untersuchende*n Amtsärzt*in ab. Durch Änderungen der Gesetzeslage im Jahr 2013 hat sich zwar die Beweislast umgekehrt, sodass nunmehr die Gründe für eine Nichteignung dargelegt werden müssen, jedoch sehen sich Anwärter*innen immer noch mit vielen Problemen konfrontiert.

So versuchen viele Personen psychische Vorerkrankungen und damit verbundene Behandlungen aus ihren Krankenakten herauszuhalten, da sie Angst haben, dass diese einer Verbeamtung im Weg stehen könnten. Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Entwicklungen, die Therapie für immer mehr Menschen notwendig macht, ist dies problematisch. So ist beispielsweise eine*r von sechs Studierenden auf psychische Betreuung angewiesen.

Infolgedessen zögern Betroffene, ärztliche Hilfe vor ihrer amtsärztlichen Untersuchung in Anspruch zu nehmen. Sie versuchen mit ihren Problemen selbst zurechtzukommen oder müssen auf teure und/oder nicht staatlich bzw. verbandlich regulierte Anlaufstellen zurückgreifen. Dies kann zu einer weiteren Verschlechterung der mentalen Gesundheit führen, wenn die nötigen finanziellen Mittel zu seriösen Alternativen fehlen, die nicht aktenkundig werden.

De facto führt nicht jede therapeutische Behandlung automatisch zu einer Nicht-Verbeamtung, vor allem bei erfolgreichem Verlauf oder weniger schwerwiegenden Beeinträchtigungen. Aufgrund jedoch von Intransparenz und Einzelfallentscheidungen bleibt das Verfahren weiterhin unvorhersehbar. Dadurch schrecken auch bei den derzeitigen Regelungen viele Menschen vor einer Therapie zurück, deren Verbeamtung eigentlich nicht in Gefahr stünde.

Aus einer jungsozialistischen Position darf es nicht sein, dass Menschen aufgrund ihrer psychischen Verfassung in diesem Maße diskriminiert werden. Besonders Menschen, die besonderem Stress und besonderer Verantwortung ausgesetzt sind, sollten nicht davon abgehalten werden, sich bei gesundheitlichen Problemen die für sie passende Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es ist äußerst fraglich, ob diese Praxis dazu führt, mental stabile Personen zu verbeamten. Denn vielmehr ist davon auszugehen, dass eventuelle Vorerkrankungen verheimlicht und unbehandelt bleiben.

Insgesamt ist diese Form der ‚Auslese‘ ohnehin zu problematisieren, da sie eine Vielzahl an Menschen aufgrund antiquierter Vorstellungen von psychischer Eignung vorverurteilt und zu destruktivem Handeln anregt.

Daher fordern wir:

  • Vorläufig die Schaffung einer höheren Transparenz der Verbeamtungskriterien, um Anwärter*innen eventuelle Bedenken bei der Inanspruchnahme einer Therapie zu nehmen bei gleichzeitiger Absage an Pauschalisierungen
  • eine Institutionalisierung von diesbezüglicher Aufklärung für Anwärter*innen
  • umfangreichere ärztliche Gutachten
  • die Sensibilisierung von Amtsärzt*innen für dieses Thema hinsichtlich einer gesamtgesellschaftlich zielführenden Urteilsfindung
  • ein generelles Umdenken bei Verbeamtungskriterien bezüglich mentaler Gesundheit und Eignung, die therapeutischen Bedarf und psychische Diversität normalisiert
  • Psychotherapeutische Maßnahmen, die zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Amtsarzt erfolgreich abgeschlossen sind, dürfen nicht zum Nachteil der Anwärter*innen in den Entscheidungsprozess um eine Verbeamtung einbezogen werden.

O1 Regain your SPD-Bundestagsfraktion

9.09.2020

Analyse:

Die SPD-Bundestagsfraktion bildet leider nicht die Gesellschaft ab. Positiv ist, dass 43% der Fraktion weiblich sind und immerhin 38% direkt gewählt wurden. Die Bundestagsfraktion der SPD, aber auch die aller anderen Parteien, sind wesentlich homogener im Bezug auf Bildungsabschlüsse als der Rest der Gesellschaft. Akademiker*innen und unter jenen die Jurist*innen sind klar überrepräsentiert. Darüber hinaus ist aus jungsozialistischer Perspektive besonders kritikwürdig, dass in der SPD-Bundestagsfraktion kein Mitglied zum Zeitpunkt der letzten Wahl unter 30 Jahre alt war. Nur ein Siebtel der aktuellen Fraktion war in der abgelaufenen Legislatur noch nicht Mitglied des Bundestags (22 von 152).

Ob sich hieraus Probleme in der Repräsentation ergeben, ist nicht so einfach zu beantworten. Zum einen können wir auch einem*r Jurist*in nicht absprechen sich für die Belange derMitarbeiter*innen am Band bei VW zu engagieren, zum anderen, ist es aber unbestreitbar, dass sie in ihrem Lebenandere Erfahrungen gemacht haben. Auch wenn es sich bei den Akademiker*innen in der SPD Bundestagsfraktion vielleicht häufig um Bildungsaufsteiger*innen handelt, haben sich auch diese im Laufe der Zeit einen Habitus angeeignet, der zu dem anderer Schichten evt. nicht kompatibel ist, und so Probleme in der Repräsentation nach sichziehen kann.

Prinzipiell spricht auch nichts dagegen über lange Zeit politisch aktiv zu sein und zeitweise Geld durch ein Mandat zu verdienen. Eines muss aber klar sein: Politische Aktivität setzt kein Mandat voraus und politische Aktivität sollte nicht dauerhaft Grundlage des Broterwerbs sein. Außerdem sollte ein Mandat möglichst vielen Menschen zu Teil werden, auch um für die parlamentarischen Prozess werben zu können.

Nun könnte man eine Quotenregelung für Nicht-Akademiker*innen fordern. Das Symbol, welches wir damit aussenden, sollte uns jedoch davor zurückschrecken lassen. Zum einen wird so suggeriert, dass die SPD (die in ihren Führungsebenen eig. nur Akademiker*innen sitzen hat) jun. die Belange des „Prekäriats“ wahrnehmen kann. Zum anderen ist  die Quotenregelung für Frauen ein Mittel, um patriarchale Strukturen in Partei und Gesellschaft aufzulösen, von welchen mindestens die Hälfte der Bevölkerung betroffen ist. Die Differenz der unterschiedlichen Schichten, die durch die Reproduktion kapitalistischer Machtstrukturen immer wieder erneuert wird, werden wir jedoch nicht mit einer Quote besiegen, schon dadurch nicht, da die Phänomene zwar miteinander zu tun haben, dennoch in ihrer Qualität unterschiedlich sind.

Eine Amtszeitbegrenzung klingt auf den ersten Blick auch eher charmant, ist dennoch mit demokratischen Grundrechten nicht zwingend vereinbar. Jede*r Bürger*innen genießt in Deutschland ab einem bestimmten Alter aktives Wahlrecht. Das  können  wir  als  Partei  nicht  einschränken.  Außerdem  lebt  ein  repräsentatives  Parlament  auch  davon,  dass  Mandatsträger*innen,  zumindest  ein  Teil  von  ihnen,  erfahren  sind  in  politischen  Prozessen  sowie  Abläufen  und  ein  Parlament nicht größtenteils aus neu gewählten Parlamentarier*innen besteht.

Dass wir den Gatekeeper „Studienabschluss“ dringend überwinden müssen, zeigt auch die Debatte über Kevin Kühnerts Ankündigung  zur  Kandidatur  wieder  eindrucksvoll.  Das  schaffen  wir  jedoch  in  erster  Linie,  indem  wir  gute  Bildungsarbeit machen. Daher fordern wir:

Forderungen:

  • Der Bundesvorstand muss Anreize dafür schaffen, dass Nichtakademiker*innen und Menschen mit Migrationshintergrund in ihren Wahlkreisen nominiert werden. Solche Anreize können, z.B. in Mentoringprogrammen bestehen oder in konkreter Unterstützung der Kampagne im Wahlkreis durch eine*n Campagner*in.
  • Trennung von Amt und Mandat, sodass Bundesminister*innen aufgefordert werden, ihr Mandat mit dem Amtsantritt niederzulegen.
  • Ein Angebot  an  neue  (und  alte)  MdBs,  MdLs  und  MdEPs,  die  die  Abgeordneten  zur  Selbstreflektion  ihres  sozialen  Status    anregt    und    so    die    Repräsentation    von    anderen    Schichten    durch    die    SPD    verbessern

S4 Den psychischen Folgen der Corona-Krise begegnen

9.09.2020

Die Corona-Krise beeinträchtigt auch die psychische Gesundheit der Bürger*innen. Schon in nicht Krisenzeiten ist diese aber ein Tabuthema. So schätzen Expert*innen, dass nur etwa ein Drittel der in Deutschland an Depressionen leidenden Menschen ärztliche Unterstützung bekommen [1], was auch an Stigmatisierung und Unwissen liegt. Die Corona-Krise hat viele Menschen in unterschiedliche Extremsituationen gebracht, zu Traumata geführt oder diese verschlimmert. Dazu gehören Angstzustände, Isolation und Vereinsamung, häusliche und sexualisierte Gewalt oder Existenzangst. Aber auch die Erfahrung, Verwandte allein sterben lassen zu müssen oder im Kreissaal alleine gebären müssen, können nachhaltig Spuren hinterlassen. Eltern, die Job und Kinderbetreuung gleichzeitig bewältigen mussten, berichten von Überforderung mit teilweise gewalttätigen Folgen. Vor allem junge Menschen sind von der Krise finanziell betroffen [2] und Leiter*innen von Tafeln erzählen von einer „neuen Form der Not“ [3] und von jungen Menschen, die zur Tafel gegangen sind, weil sie sonst nichts mehr zu Essen gehabt hätten. Auch Kinder hat die Krise besonders getroffen: Sie konnten nicht mit anderen Kindern zur Schule gehen oder spielen – die sozialen Folgen der Schulschließungen können bis jetzt nur erahnt werden. Es ist auch nicht zu übersehen, dass Frauen einen übergroßen Teil dieser Last getragen haben und dass die Krise sich in Abhängigkeit der sozioökonomischen Lage von Personen unterschiedlich niedergeschlagen hat. Da die Krise weiterhin anhält, ist nicht davon auszugehen, dass sich diese Beschreibung der Lage schnell verändern wird.

Während den wirtschaftlichen und finanziellen Folgen von der Politik mit dem größten Hilfspaket in der deutschen Geschichte begegnet wurde, sind die gesundheitlichen Folgen – sowohl physisch für die an Corona Genesenen als auch psychisch für alle Teile der Gesellschaft – bis jetzt weitestgehend untergegangen. Dadurch wird das Tabu, das es rund um psychische Gesundheit gibt, nur verstärkt. Dabei müssen viele Menschen extreme Situationen aushalten, was nicht spurlos vorbeigehen wird. Die ersten Ärzte bemerken die Folgen: „Eine Mehrheit der Pädiater spricht von einer Zunahme psychischer Störungen bei jungen Patienten infolge der Corona-Einschränkungen. 68 Prozent rechnen mit coronabedingten Traumata bei Heranwachsenden.“ [4] Beachtet werden muss auch die Lage der Therapeut*innen, die unter enorm erschwerten Bedingungen arbeiten müssen. Zudem sind durch Ausfälle von Sitzungen ambulante Praxen auch in finanzielle Not geraten. Ihre Arbeit muss anerkannt und finanzielle Hilfen angeboten werden, damit keine Praxen wegbrechen.

Wir fordern daher, dass auf unterschiedlichen Ebenen das Thema psychische Gesundheit nach Corona möglichst breit angegangen wird:

  • Einrichtung von runden Tischen für psychische Gesundheit in den Kommunen, zu denen unter anderem die Vertreter*innen der Psychotherapeuten- und Ärztekammer, der DPtV (Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung) sowie Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Jugendämter eingeladen werden.
  • Bereitstellung von Fonds für die Erforschung der Auswirkungen der Corona-Krise auf die psychische Gesundheit durch das Bundesministerium für Gesundheit.
  • Unterstützung bei der Einrichtung von Selbsthilfegruppen zu den Folgen von Corona.
  • Ausbau des Angebotes an Psychotherapie. Dabei muss beachtet werden, welche Aspekte in der Ausbildung junge Menschen darin hindern, diesen Beruf zu ergreifen sowie die Vergabe der Praxissitze überarbeitet werden.
  • Professionelle Beratung von Lehrkräften, um Auswirkungen schnell zu erkennen.
  • Aufstockung der Stellen in der Schulpsychologie durch die Länder, um ein besseres Angebot und eine bessere Betreuungsquote zu erreichen.
  • Arbeitgeber*innen sind für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter*innen verantwortlich. Daher müssen sie zur betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) gesetzlich verpflichtet und hier bei Bedarf gleichermaßen gefördert bzw. befähigt werden. Nicht nur unter physischen Aspekten (z.B. Fitness), wie es schon weit verbreitet ist, sondern auch gleichermaßen unter psychologischen Aspekten. Das muss gleichermaßen für Arbeitnehmer*innen im Homeoffice gelten, da u.a. die soziale Isolation psychische Risiken mit sich bringen kann.

[1] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/106418/Depression-noch-immer-Tabuthema (zuletzt aufgerufen am 03.07.2020)

[2] https://www.ksta.de/wirtschaft/studie-vor-allem-juengere-leiden-wirtschaftlich-unter-der-corona-krise-37121282 ((zuletzt aufgerufen am 06.08.2020)

[3] https://www.rnd.de/politik/corona-viele-junge-menschen-suchen-in-krise-hilfe-bei-tafeln-KDZZFJQ57ES2CZRUGJQHQNRTF4.html (zuletzt aufgerufen am 06.08.2020)

[4] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/115323/Kinder-und-Jugendaerzte-warnen-vor-erneuten-Schulschliessungen?utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter (zuletzt aufgerufen am 06.08.2020)

W2 Panzer sind keine Tomaten! - Plädoyer zur Vergesellschaftung der Waffenindustrie

9.09.2020

Panzer sind keine Tomaten! Die Herstellung und der Verkauf von Kriegswaffen dürfen daher nicht in der Privatwirtschaft stattfinden, sondern gehören in staatliche Hand. Aus diesem Grund fordern wir die Gründung einer eigenen Waffenfirma, welche zu 100 Prozent unter Kontrolle des Verteidigungsministeriums steht. Diesen Vorschlag möge die Landeskonferenz der NRW Jusos bitte beschließen und vorantreiben.

Die staatliche Waffenfirma soll in mehreren Etappen dazu befähigt werden, langfristig alles abzudecken, was eine moderne Armee benötigt. Die Erforschung und Entwicklung neuer Waffensysteme, die Reparatur und Instandhaltung bestehender Waffen und die Herstellung von Waffen sollen unter einem Dach erfolgen. Hierfür müssen anfänglich Milliarden investiert und kluge Köpfe angeworben werden.

Die bestehenden Waffenschmieden in Deutschland erhalten ein Übernahmeangebot vom Staat. Nach der freiwilligen Vergesellschaftung werden die hinzugewonnenen Firmen aufgelöst und in die Staatsfirma integriert.

Neue Verträge dürfen nicht mehr mit den privaten Waffenfirmen abgeschlossen werden. Auslaufende Verträge dürfen nicht weiter verlängert werden. Zusätzlich werden die Ausfuhrbestimmungen für Kriegswaffen extrem verschärft.

Die staatlich hergestellten Waffen werden von unserer Armee zum Herstellungspreis erworben, wodurch sich viel Geld einsparen ließe. Das Verteidigungsministerium hat sich momentan auf viele Selbstreparaturverzichtserklärungen eingelassen, die inzwischen die meisten der Hauptwaffengattungen betreffen. Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr dürfen nicht einmal bei der Reparatur zuschauen. Das kostet die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unnötig Geld.