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B10 [zurückgezogen] Rassismus ist keine Meinung! Lehrer*innen und Schüler*innen im Umgang mit Rassismus stärken

1.09.2021

Nicht erst seit den Anschlägen von Hanau und Halle ist struktureller Rassismus in Deutschland deutlich, denn der tagtägliche Rassismus ist ständig auf der
Straße und nun leider auch in allen Parlamenten durch die AfD vertreten. Noch im Jahr 2021 wird in der Sendung „Die letzte Instanz“ im WDR Rassismus verharmlost und interkulturellen Vereinen die Kompetenz abgesprochen, ohne die eigene zu reflektieren. Doch Reflektion ist keine angeborene Fähigkeit, sie wird erlernt.

In der öffentlichen Debatte wird stets von latentem Rassismus gesprochen, die Frage aber nicht erörtert für wen die Latenz gilt. Denn was für die
Mehrheitsgesellschaft latent erscheint, ist für marginalisierte Teile der Gesellschaft als klarer Rassismus wahrnehmbar und spürbar. Sprache ist eines der
prägendsten Mittel, um Denken und Handeln zu steuern, doch sind die wenigsten Menschen bereit ihre Sprache zu reflektieren, oder sie wissen es nicht besser.

Für Betroffene wird durch Sprache Rassismus normalisiert, erst recht, wenn sie bereits im Kindesalter damit konfrontiert werden. So sind Lehrer*innen in einer
besonderen Rolle, sensibel und kompetent mit rassistischen Missständen und ihrer eigenen Macht umzugehen. Fehlverhalten von Wenigen können in einem derart prägenden Berufsbild zu einer Schädigung von vielen Betroffenen führen.

Aber der Fokus darf nicht nur auf diesen Fehlverhalten liegen, die meist durch latente Rassismen bestärkt werden. Gleichzeitig muss an alle Lehrer*innen gedacht werden, die im Umgang mit rassistischen und diskriminierenden Situationen nicht alleine gelassen werden dürfen. Das Elternhaus, der soziokulturelle Hintergrund und viele weitere Gründe führen zu Rassismus seitens der Schüler*innen. Um diesen Umständen eine adäquate Prävention bieten zu können, beschließen die Jusos Köln, dass

  1. Lehrer*innen und jegliches pädagogisches Schulpersonal verpflichtet werden sollen, in einem Abstand von 5 Jahren wiederholend Antirassismus- und
    Antidiskriminierungsschulungen besuchen zu müssen.
  2. Jede*r Schüler*in im Laufe des Schullebens mindestens 2 Projektwochen zu Antirassismus und Antidiskriminierung erhalten soll.
  3. Beide Maßnahmen sollen durch externe Stellen durchgeführt werden. Die externen Stellen sollen mehrheitlich von Personen besetzt sein, die selbst
    von Rassismus oder Diskriminierung betroffen sind. Beispielhaft zu nennen sind hier die unabhängigen Antidiskriminierungsbüros und -beratungsstellen
    des Antidiskriminierungsverbands Deutschland (ADVD).

    B9 Lernen durch Engagement an Schulen fördern und fordern

    1.09.2021

    Die Landeskonferenz der NRW Jusos möge beschließen:

    Wir fordern, dass das Land NRW das ehrenamtliche Engagement von Jugendlichen fördert, indem es in Anlehnung an das Projekt “Lernen durch Engagement“ dieses zum Bestandteil der schulischen Bildung macht.

    Für einen gut funktionierenden Staat ist es von enormer Bedeutung, dass sich seine Bürger*innen bürgerschaftlich engagieren, denn das Unvermögen des Staats bei der Regulation von Krisensituationen am Arbeitsmarkt oder Tendenzen der Ausgrenzung in Gemeinden bedeutet, dass Bürger*innen Verantwortung übernehmen müssen. Das ehrenamtliche Engagement hat nicht nur das Potential die Kompetenzen (vor allem Soft Skills) von Jugendlichen zu fördern, sondern kann auch einen wichtigen Beitrag bei der Integration von Zuwander*innen spielen.

    Der stetige Wandel, den die heutige Gesellschaft durchläuft, stellt die Bürger*innen vor immer neue Herausforderungen. Die Kompetenzen jedes Einzelnen werden dadurch wertvoller, ihr Erwerb immer bedeutsamer und vielfältiger, wenn betrachtet wird, wo Wissen erlangt werden kann. Das Potential des bürgerschaftlichen Engagements als Ort der Bildung findet immer mehr Bedeutung in den Diskussionen. Indem die Engagierten sich im Zuge ihres Engagements mit sich und ihrer Umwelt auseinander setzen und dadurch ein anderes Verständnis entwickeln können, setzt das bürgerschaftliche Engagement Prozesse der Reflexion in Gang (Enquete-Kommission 2002).

    Jugendliche sind die Zukunft des Staates und seiner Demokratie. Es ist daher nicht von der Hand zu weisen, dass in ihre Ausbildung deutlich mehr investiert werden muss. Doch nicht alle Kompetenzen, die im späteren Leben gefordert werden, können in der Schule erworben werden. Die Umgebung des ehrenamtlichen Engagements ermöglicht es Jugendlichen schon früh Verantwortung zu übernehmen und ihre Fähigkeiten praktisch zu erproben. Sie lernen ihre Grenzen kennen und sehen, dass sie die Gesellschaft beeinflussen können. Leider lassen Studien jedoch auch immer wieder einen Zusammenhang zwischen ehrenamtlichem Engagement und der sozialen Herkunft erkennen. So kommt es, dass besonders die Schüler*innen nicht von dem “Lernort Engagement“ profitieren, die es verstärkt benötigen. Vor diesem Hintergrund ist es von großer Bedeutung diesen Ort auch für sie zu öffnen. Dies kann erreicht werden, wenn durch Schulen das ehrenamtliche Engagement gefördert wird. Dann haben auch Schüler*innen aus anderen gesellschaftlichen Schichten die Möglichkeit, Kompetenzen im bürgerschaftlichen Engagement zu erwerben und somit ihre Zukunftschancen zu verbessern.

    B6 [zurückgezogen] Schulgesundheitspfleger:innen an den Schulen in NRW etablieren!

    1.09.2021

    Die Juso-Landeskonferenz möge beschließen:

    Die NRW Jusos fordern die Etablierung von Schulgesundheitspfleger:innen an den Schulen in NRW zu etablieren und fordern daher:

    • Dass sich die SPD-Landtagsfraktion aktiv mit der Thematik befasst und entsprechende Forderungen in den parlamentarischen Beratungsprozess einbringt.
    • Die Aufnahme der Forderung nach der Etablierung von Schulgesundheitspfleger:innen in das Landtagswahlprogramm der NRWSPD.
    • Weitere Auseinandersetzung mit nationalen Standards und Handlungsrahmen für eine länderübergreifende Lösung
    • Eine tarifliche Eingruppierung der Schulgesundheitspfleger:innen in die Endgeldgruppe 9 bis 12 des TVöD (je nach Tätigkeitsprofil an der Schule).
    • Spezialisierte (Aus-, Fort-, und Weiter-) Bildungskonzepte für Pflegefachkräfte

    Begründung:

    In NRW lernen 2.487.700 junge Menschen im Schuljahr 2020/2021 an Schulen. Das Setting Schule prägt die Kindheit und Jugend wie kaum ein anderes. Jedoch nicht nur im positiven Sinne: Studien belegen, dass fast jede:r zweite Schüler:in unter Schulstress leidet, was schnell zu gesundheitlichen Problemen wie Kopf- und Bauchschmerzen, Schlafstörungen oder Schwindel führen kann[1].  Durch Corona ist der Anteil der jungen Menschen, die an psychischen Erkrankungen leiden, nochmals stark angestiegen[2]. Aber nicht nur Lernende sind von den gesundheitlichen Folgen im Setting Schule betroffen, auch Lehrkräfte sind im besonders hohen Maß gefährdet psychische Krankheiten, wie das Burn-Out-Syndrom zu entwickeln. Nicht zuletzt wegen der hohen Anforderungen, die der Beruf im Alltag ohnehin mitbringt. Aber was passiert, wenn Verletzungen, wie Stürze oder Unfälle, in der Schulzeit entstehen? Ist es eine bedrohliche Situation, die medizinischer Abklärung/Intervention bedarf oder reicht eine Wundversorgung aus? Müssen berufstätige Erziehungsberechtigte die Arbeit unterbrechen und ihr Kind abholen, wenn es Bauchschmerzen hat oder lindert ein intensives professionelles (Beratungs-)Gespräch bereits Symptome des ggf. bestehenden Leistungsdrucks? Was für weitere Schritte müssen daraufhin folgen, um chronische psychische Krankheit zu verhindern? Wie können Kinder, mit und ohne chronische Erkrankung oder Behinderung gemeinsam an Schulen lernen, ohne dass Lehrkräfte mit der Gesundheitsversorgung überfordert werden? Und wie kann die Gesundheit bei Schüler:innen, aber auch bei Lehrkräften, z.B. durch eine gesunde Umgebung gefördert und Krankheiten (sowohl psychisch als auch physisch) verhindert werden?
    Mit all diese Fragen sollen sich Lehrkräfte nicht noch zusätzlich beschäftigen müssen. Sie sind Expert:innen für Lehr- und Lernprozesse, für Bildung und Erziehung. Mit gesundheitsbezogenen Themen sollten sich Schulgesundheitspfleger:innen an Schulen in NRW auseinandersetzen, die professionelles Wissen zu Gesundheit und Krankheit in einem Bachelorstudium erworben haben und eng mit dem Schulpersonal zusammenarbeiten.
    Was in vielen Ländern als die typische „School-Nurse“ bekannt ist, hat auch in NRW Zukunft. Mit der Etablierung von akademisierten Schulgesundheitspfleger:innen an den Schulen in NRW könnte eine geregelte Gesundheitsversorgung und -förderung für Kinder, Jugendliche und Schulpersonal genau dort stattfinden, wo sie ohnehin sehr viel Zeit verbringen: an der Schule. Dass Schulen dafür geeignete Orte sind, ist hinreichend belegt. Ein großes Modellprojekt der Länder Brandenburg und Hessen und der AWO haben den positiven Nutzen von Pflegefachkräften an 27 Schulen für Erziehungsberechtigte, Lehrende, Allgemeinmediziner:innen und Kinder belegt[3]. Auch die Landesregierung von Hamburg hat den positiven Nutzen erkannt und will Schulgesundheitspfleger:innen an Schulen (vorerst mit niedrigem Sozialindex[4]) einsetzen.
    Schulgesundheitspfleger:innen entlasten berufstätige Erziehungsberechtigte, den Notfall- und allgemeinmedizinischen Dienst[5] und Lehrkräfte. In Notfällen wissen Sie was zu tun ist, sie sind in der Lage Verletzungen einzuschätzen und (erst) zu versorgen. Sie können die Inklusion von chronisch kranken Kindern und Kindern mit Behinderung an Regelschulen durch eine gesicherte Gesundheitsversorgung (z.B. Medikamentengabe, pflegerische Grundversorgung) vorantreiben, gesundheitliche Ungerechtigkeiten bei Kindern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Milieus ausgleichen. Auch die Einführung und Durchführung geeigneter Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention (wie Impfkampagnen, Sexualaufklärung, Bewegungs- und Ernährungslehre, psychische Gesundheitsförderung und Suchtberatung) stehen in dem Aufgabenprofil. Sie haben die (psychische) Gesundheit der Schüler:innen im Blick und können gefährdete Kinder und Jugendliche frühzeitig erkennen und ggf. weitere Schritte im Gesundheits- und Sozialsystem einleiten.

    Zudem würde dieses Tätigkeitsfeld akademisierten Pflegekräften eine attraktive Alternative zur ‚Pflege am Bett‘ und Schichtdienst geben.

    All dies sind sehr wichtige Faktoren, die für die Etablierung von Schulgesundheitspfleger:innen sprechen.  Aber auch aus einer ökonomischen Perspektive überwiegt der Nutzen den Investitionskosten. Ergebnisse unterschiedlichster Analysen zeigen, dass Schulgesundheitsfachkräfte positive Effekte auf die Ausgaben der gesetzlichen Unfallversicherer und der Krankenkassen haben.

    Aus all diesen Gründen sind Investitionen hier gut angelegt, denn eine Investition in die Gesundheit unserer Kinder heißt, in die Zukunft zu investieren. Gesundheitsförderung und Prävention sind wichtige Stellschrauben, um einen Kollaps des Gesundheitssystem zu verhindern und gutes Aufwachsen von allen Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen. Und genau dafür sollte eine sozial gerechte Schul- und Gesundheitspolitik stehen.

    [1] https://de.statista.com/infografik/12245/schulstress-fuehrt-zu-gesundheitsproblemen/

    [2] Vgl. Brakemeier et al., 2020, S.1ff.

    [3] Vgl. https://schulgesundheitsfachkraft.de/

    [4] „Der Sozialindex beschreibt die sozio-ökonomische Zusammensetzung der Schülerschaft an Schulen auf einer Skala von 1 bis 6. Dabei steht eine 1 für Schulen, die eher Kinder aus schwierigen sozio-ökonomischen Verhältnissen beschulen und eine 6 für Schulen, die Schülerinnen und Schüler aus eher privilegierten sozio-ökonomischen Verhältnissen beschulen“ (https://www.hamburg.de/bsb/hamburger-sozialindex/ )

    [5] Studien zeigen, dass an Schulen mit Schulgesundheitspfleger:innen der Einsatz von RTWs bis zu 64% und die der Heilbehandlungskosten bis zu 20% verringert werden konnte (file:///C:/Users/ANWEND~1/AppData/Local/Temp/gutachten-rahmenbedingungen-und-oekonomische-aspekte.pdf )

    B5 [zurückgezogen] Pflicht-Modulprojekt „Psychische Gesundheit“ in öffentlichen Bildungseinrichtungen

    1.09.2021

    Die Jusos setzen sich dafür ein, dass in allen öffentlichen Bildungseinrichtungen verpflichtend ein Modulprojekt zum Thema psychische Gesundheit angeboten werden muss. Dieses darf nicht ausschließlich von Lehrenden oder regulären Professor*innen durchgeführt werden, sondern muss von Expert*innen auf dem Gebiet psychischer Gesundheit (Therapeut*innen, Ärzt*innen, Psycholog*innen, Schulsozialarbeiter*innen etc., evtl. auch Psychologiestudierende) begleitet werden. Das Modul soll alle Beteiligten der Einrichtungen für klinisch bedeutsame psychische Störungen (beispielsweise Depression, Burn-Out uvm.) sowie die allgemeine psychische Gesundheit sensibilisieren und Beratungs- und Hilfsangebote aufzeigen. Parallel sollen Orte in den Bildungseinrichtungen geschaffen oder gefördert werden, die das vertrauliche Schildern von Problemen für Schüler*innen/Studierende ermöglichen.

    Die Vertrauenspersonen müssen entsprechend sensibilisiert und dahingehend ausgebildet werden, bei Problemen mit klinischer Bedeutsamkeit die Schüler*innen oder Studierende an entsprechende Expert*innen mit Approbation (Psychotherapeut*innen, Psychiater*innen und Ärzt*innen) weiterzuleiten. Eine Behandlung von psychischen Störungen soll weiterhin ausschließlich von diesen vorgenommen werden In der Pandemie haben sich psychische Probleme bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch Kontaktabbrüche, familiäre Situationen und andere Aspekte deutlich verstärkt. Bereits im Juni 2020 wurden bei 31% der 7- bis 17-Jährigen psychische Auffälligkeiten festgestellt.[1]

    Die Pandemiesituation verschärft aber nur ein altes Problem: Psychische Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen wird häufig vernachlässigt oder missinterpretiert. Dabei ist psychisches Wohlbefinden von genauso hoher Relevanz wie körperliche Gesundheit und wirkt sich auf diese sowie die Interaktion mit anderen Menschen aus. Menschen mit psychischen Störungen sterben 20 Jahre jünger als die allgemeine Bevölkerung.[2]

    Seit Jahrzehnten ist daher klar, wie wichtig das Bildungsumfeld auch für die emotionale Entwicklung und psychische Gesundheit ist.[3] Gerade durch Lernstress, Verdichtung sozialer Strukturen und die Stellung von Bildungseinrichtungen als Lebensmittelpunkt wird diese besondere Bedeutung unterstrichen.

    Daher sollte es für alle öffentlichen Bildungseinrichtungen (Schulen, Universitäten, etc.) verpflichtend sein, durch Fachpersonal unterstützt für alle Schüler*innen das Modul „Psychische Gesundheit“ zur Sensibilisierung, Unterstützung und Hilfeleistung anzubieten. Eine reine Betreuung durch Lehrende/Professor*innen wäre kontraproduktiv, da festgefahrene soziale Strukturen selbst Teil des Problems sein können und durch das Hinzuziehen von Expert*innen (teilweise) aufgelöst werden könnten. Außerdem ist durch die Vermischung der persönlichen und institutionellen Rolle der Lehrenden[4] das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen vorbelastet.[5] Dies ist in der eindeutig definierten Beziehung zu Expert*innen nicht der Fall[4].

     

    [1] Ravens-Sieberer, U; Kaman, A; Otto, C et al. (2020): Mental health and quality of life in children and adolescents during the COVID-19 pandemic – results of the COPSY study. Dtsch Arztebl Int 117:828–829

    [2] WHO (2019): Psychische Gesundheit – Faktenblatt. URL: https://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0006/404853/MNH_FactSheet_DE.pdf

    [3] Bilz, Ludwig (2008): Schule und psychische Gesundheit. Risikobedingungen für emotionale Auffälligkeiten von Schülerinnen und Schülern. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 242

    [4] Fabel-Lamala, Melanie; Fetzer, Janina (2014): Vertrauen in Schule(n) – ein Überblick. In: Bartmann, Sylke: Vertrauen in der erziehungswissenschaftlichen Forschung. Opladen/Berlin: Verlag Barbara Budrig, S. 252

    [5] Bormann, Inka (2012): Vertrauen in Institutionen der Bildung […]. In: Zeitschrift für Pädagogik 58 6, S. 815

    B4 Lebenslanges Lernen fördern, nicht nur fordern!

    1.09.2021

    Wer in NRW lebt und ein zu versteuerndes Einkommen zwischen 20.000€ und 40.000€ hat, hat als Beschäftige*r, Selbständige*r oder Berufsrückkehrer*in bei beruflichen Weiterbildungen Anspruch auf den Bildungsscheck NRW und bei darunter liegenden Einkommen auf die Bildungsprämie des Bundes. Diese übernehmen bis zu 50% der Kosten der Weiterbildung bis zu einer Höhe von 500€.

    So weit, so gut – allerdings sind diese Fördermöglichkeiten Anspruchsberechtigten zum einen häufig nicht bekannt und so übernehmen diese unnötig selbst die Kosten ihrer Weiterbildung oder beginnen die Maßnahme aus finanziellen Gründen gar nicht erst. Zum Anderen gibt es Weiterbildungen nicht für lau. Das heißt, dass gerade Kurse, die eine langfristige oder tiefergehende Weiterbildung beinhalten und so einen besonders großen Nutzen für den beruflichen Werdegang entfalten können, höhere Kosten als 1000€ (maximale Förderung 50% der Kosten und höchstens 500€) haben können. Auf diesen Kosten bleiben dann diejenigen sitzen, die sich aktiv um ihre berufliche Zukunft kümmern und weiterbilden möchten.

    Aus staatlicher Sicht spricht für eine Ausweitung der bestehenden Fördergrenzen: Jede in Anspruch genommene Weiterbildungsförderung, die dazu führt, dass eine Weiterbildung überhaupt durchgeführt wird und die infolgedessen den Wechsel in einen anderen (besser bezahlten) Job ermöglicht oder eine Arbeitslosigkeit verhindert, ist eine lohnenswerte Investition.

    Deswegen fordern wir:

    • Maximale Förderquote des Bildungsschecks NRW von 50% auf 66% erhöhen
    • Maximale Fördersumme des Bildungsschecks NRW von 500€ auf 1500€ erhöhen
    • Breit angelegte Werbekampagne für Bildungsscheck, um die Bekanntheit und Inanspruchnahme der Maßnahme zu erhöhen

    Aus unserer Sicht gehört eine solche Forderung auch ins Wahlprogramm der NRW SPD.

    B2 Reform des BAföG - Studium darf keine Frage des Geldes sein

    1.09.2021

    Erst die Vorlesung besuchen, dann an der Hausarbeit schreiben und anschließend für die Klausur lernen. Jedoch gibt es für einige Studierende keinen Feierabend, stattdessen müssen sie nochmal los, um zu arbeiten. Einige haben nicht mal die Möglichkeit nach der Universität Geld zu verdienen, sondern verpassen deswegen wichtige Vorlesungen. Doch sollte jemand, der studieren gehen möchte, nicht noch nebenbei arbeiten müssen. Eigentlich bietet der Staat in Form des Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) auch für Studierende eine finanzielle Unterstützung. Jedoch werden viele aus absurden Gründen abgelehnt oder verlieren ihren Anspruch. Die Bürokratie ist aufwendig und unübersichtlich. Dadurch, dass das BAföG zurückgezahlt werden muss, starten Studierende mit Schulden in die Arbeitswelt. Das zeigt: Das BAföG ist nicht ausgereift und an vielen Stellen nicht zu Ende gedacht. Bildung muss für jede*n gleichermaßen zugänglich sein und niemand darf auf Grund seines Finanzstatus eingeschränkt werden. Wer jedoch nebenbei arbeiten muss, um sich seinen eigenen Hausstand finanzieren zu können, widerfährt eine direkte Benachteiligung. Um dem entgegenzuwirken, benötigen wir dringend eine drastische Reform des BAföG hin zu einer wirklichen Unterstützung und zum Ziel, dass ein Studium keine Frage des Geldes ist.

    Daher fordern wir:

    – Das BAföG muss elternunabhängig werden und jede Person sollte mindestens einmal im Leben Recht auf eine Förderung erhalten. So gibt man Studierende auch eine bessere Planbarkeit. Aktuell wird der BAföG-Satz jedes Jahr neu berechnet, was dazu führen kann, dass nur, weil zum Beispiel Geschwister einen Job annehmen, der BAföG-Satz um mehr als die Hälfte sinken kann. Das kann drastische Folgen haben.

    – Die Orientierung des BAföGs muss von der Regelstudienzeit abgekoppelt werden und stattdessen sollte eine Orientierung an der durchschnittlichen Studienzeit erfolgen. Die idealisierte Regelstudienzeit von 6 Semestern spiegelt nicht die Realität vieler Studiengänge wider. Als Beispiel: 2017 haben an der Uni Paderborn im Studiengang Maschinenbau von über 100 Studierende kein*e einzige*r sein/ihr Studium in Regelstudienzeit geschafft. Außerdem muss den Studierenden der Druck genommen werden, indem die restriktive Überprüfung der Leistungsnachweise durch die Ämter gelockert wird.

    – Die Altersbegrenzung muss abgeschafft werden. Zu Beginn des Bachelor-Studiums darf man nicht älter als 29 sein. Wer sich jedoch erst später dazu entschließt, ein Studium zu belegen, darf nicht benachteiligt werden, nur weil man mit 20 noch nicht genau wusste, was man später in seinem Leben machen möchte.

    – Der Förderbetrag muss an die Lebensrealitäten angepasst werden. Wir schlagen vor, dass mindestens der Betrag der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes als Orientierung genutzt wird. Dabei soll der Förderbetrag sich an die Lohn- und Preisentwicklung halten und ein regelmäßiger und automatischer Inflationsausgleich stattfinden. Außerdem müssen lokale Preise berücksichtigt werden, in dem man den Wohnkostenzuschuss lokal anpasst. In München zu wohnen ist deutlich teurer, als wenn man sein Studiengang zum Beispiel in Paderborn absolviert. Dabei gilt es auch, dass das BAföG nicht zurückgezahlt werden muss.

    – Eine Vereinfachung der Beantragung von BAföG durch zum Beispiel einen einheitlichen Online Antrag. Außerdem sollte der Informationsfluss besser ausgeweitet werden, so dass den Studierenden ein besserer Überblick vermittelt wird. Oft scheitert es an der Bürokratie, dass Studierende sich zum Teil gar nicht erst bewerben.

    – Auch bei einem Fachwechsel nach dem 4. Semester müssen Studierende weiter gefördert werden. Auch hier darf niemand benachteiligt werden, nur weil man nicht direkt das gefunden hat, was man wirklich studieren möchte. Es ist nicht selten, dass man während seines Studiengangs merkt, dass man doch etwas anderes möchte. Keine*r sollte auf Grund des Geldes gezwungen werden, etwas zu studieren, was er/sie am Ende gar nicht möchte.